Die Würde des Menschen ist nicht dessen Frisur

Dieter Hallervorden hält ein Plädoyer für die Öffnung der Kultur

05.03.2021 um 00:46 Uhr

Dieter Hallervorden hat bei „Maybrit Illner“ in seiner Funktion als Künstler und Intendant des Berliner „Schlosspark Theaters“ eine flammende Rede für die Öffnung der Kultur gehalten. In der Talkrunde wurden die Maßnahmen besprochen, die in der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch beschlossen wurden.

Zunächst machte Hallervorden seinem Unmut über eine Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten Söder Luft. Der hatte kürzlich die Entscheidung, die Friseure zu öffnen, mit den Worten verteidigt, dass dies auch mit Würde in schwierigen Zeiten zu tun habe. Dazu sagte der Kabarettist: „Mich hat ein bisschen auf die Palme gebracht, dass ein nicht so ganz unbekannter Politiker tatsächlich das hohe Wertgefühl von Würde mit dem Haarschnitt verwebt. Für mich hat Würde etwas zu tun mit Geist. Ich denke dabei an Sprache, an Theater, an Musik, weil das die Kommunikationsformen der Menschheit sind.“

„Vertrauen ist wie ein Eiswürfel“

Die Meinung des Schauspielers zum beschlossenen Stufenplan fällt nicht besonders positiv aus, obwohl die Theater-, Konzert- und Opernhäuser und die Kinos bei entsprechenden Inzidenzwerten im 4. Schritt öffnen dürfen. „Man hat den Eindruck, dass die Regierung von Organisation so wenig versteht wie eine Heuschrecke vom Dressurreiten. Das ist ein absolutes Chaos. Es ist keine Linie zu erkennen. Mal Inzidenz 50, mal 35, mal 100, dann AstraZeneca unter 65, jetzt plötzlich über. Wie sollen die Leute denen Vertrauen? Vertrauen ist wie ein Eiswürfel. Einmal geschmolzen, kommt er nicht mehr zurück“, gab Hallervorden zu bedenken.

„Wir wären zu jedem Entgegenkommen bereit“

Dieter Hallervorden betonte immer wieder, dass er alles tun würde, um sein Theater wieder öffnen zu dürfen. Selbst auf einen Einlass nur für Geimpfte würde er sich einlassen, wenn er das Konzept auch nicht befürworte. Weiter wies er darauf hin, dass man Kulturstätten mit guten Hygienekonzepten schon längst hätte öffnen können. Sein Theater habe das gleiche Infektionsrisiko wie die Frisöre. Konkret sagte er: „Wir haben nachgewiesen, als wir im September/Oktober spielten, dass hier nicht ein Zuschauer das Coronavirus nach draußen geschleppt hat. Wir haben ein hervorragendes Hygienekonzept. Jeder Zuschauer könnte in Zelten vor dem Theater getestet werden. Wir können die Tests auch nach Hause schicken. Wir wären zu jedem Entgegenkommen bereit.“

„Leute müssen wieder am kulturellen Leben teilnehmen“

Nicht nur die Schauspieler und Theaterleute liegen dem 85-Jährigen am Herzen. Er sorgt sich auch um die Zuschauer: „Es gibt genug kulturhungrige Leute und die sollten - anstatt sich zuhause im Käfig zu grämen, ob das Leben unter diesen Bedingungen überhaupt noch lebenswert ist - die Chance bekommen, wieder am kulturellen Leben teilzunehmen.“

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