- Ärger im Paradies -
"Riviera der Armen" nannten die Wiener früher die Gegend um die Alte Donau. Die Pachtgründe waren billig, und auch Arbeiterfamilien konnten sich ein Häuschen in Wassernähe leisten. Jetzt haben die Immobilienentwickler das Gebiet entdeckt. Sie bauen schicke Apartmenthäuser und hoffen auf fette Gewinne. Die kleinen Pächter aber wollen ihr Paradies nicht kampflos räumen. Die Familie Kukla betreibt seit vier Generationen eine Bootsvermietung an der Alten Donau. Der Grund, auf dem ihr Haus steht, ist nur gepachtet. Er gehört, wie die meisten Parzellen hier, dem Stift Klosterneuburg. Am Nachbargrundstück der Kuklas war früher ein idyllischer Obstgarten. Jetzt steht dort ein riesiger, mehrstöckiger Luxusbau mit Wohnungen, die je rund eine Million Euro kosten. Und das ist kein Einzelfall. "Wenn hier jemand wegstirbt, wird die Pacht vom Stift Klosterneuburg so angehoben, dass sich das die Erben nicht mehr leisten können", erzählt Martin Kukla. "Der ist noch nicht einmal unter der Erde und es steht schon eine Tafel eines großen Bauträgers auf dem Grund." Nicht weit von den Kuklas entfernt leben Erika und Bruno Kudela. Das Rentnerpaar würde sein altes Häuschen gern an eins seiner sieben Kinder weitergeben. Doch keines kann sich den Pachtzins leisten - das Stift möchte von den Erben das Sechsfache verlangen. Das ärgert die Kudelas: "Früher war das hier wertloses Sumpfland. Wir Ursiedler haben das Gebiet erst bebaubar gemacht. Nie hat das Stift in die Gründe investiert, und jetzt, wo sie etwas wert sind, wollen sie abkassieren!" Geschichten wie diese hört man derzeit viele an der Alten Donau. Meistens fällt sehr schnell der Name der Baufirma "Glorit" - sie hat etliche der luxuriösen Neubauten errichtet. Turmhoch überragen die Apartmentkomplexe die kleinen Häuschen der Altpächter und rauben ihnen die Sicht. "Wir einfachen Leute können nicht einmal einen Wintergarten dazu bauen - und die bauen neun Meter hoch und alles ist erlaubt", schimpft ein Anrainer. Die Alteingesessenen fühlen sich verkauft und verraten: Vom Stift, von den Stadtpolitikern und von der Baupolizei. Julia Kovarik über den schleichenden Tod eines urwienerischen Paradieses.
Ethnologe |
Christian Kreil
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Moderation |
Peter Resetarits
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