Hamburg very british Neu

Von Wachsjacken, Poloturnieren und tea time

Dokumentation / D 2025
TV DIGITAL Blick ins Heft
Fr, 14.03.
20:15 - 21:15
4 out of 4 based on 1 reviews

Beschreibung

- Von Wachsjacken, Poloturnieren und tea time -
An Alster und Elbe sind die Menschen anglophil. Es heißt, wenn es in London regnet, klappen die Hamburger ihre Schirme auf. "die nordstory" ist in Hamburg very british unterwegs und trifft in der Freien und Hansestadt auf Polospieler und Windhunde, ehrwürdige Clubmitglieder und rustikale Dufflecoat-Träger, Rolls-Royce-Fahrer und Teeverkoster. Schon vor 800 Jahren machten hanseatische und Londoner Kaufleute Geschäfte. In Hamburg gibt es die Englische Planke und dort den Old Commercial Room, gegründet 1795 von einem englischen Reeder. Deren Nachfahren sind seit fast 200 Jahren im Teehandel aktiv: Kaufleute, die Tee in großen Säcken importieren, verkosten und in kleinen und großen Kisten verpackt in alle Welt verschicken, natürlich auch nach England. "Die Briten mögen gern kräftigen Tee", sagt der Verkoster unter kräftigem Schlunzen, Gurgeln und Spucken. "Auch wenn man Milch hinzufügt, bleibt der Teegeschmack erhalten, und Winston Churchill liebte besonders den rauchigen Geschmack von Earl Grey." Immerhin laufen 70 Prozent des europäischen Teehandels über Hamburg. Aber nicht immer waren die Beziehungen störungsfrei: Nach dem Zweiten Weltkrieg galt für Briten ein Fraternisierungsverbot. "Keep out", "No Germans", "Off limits" hieß es zunächst für Einheimische. Erst ab 1946 lockerten die Besatzer die Regeln, zeigten ein reserviert-höfliches Gesicht. Ob sie sich damals nach einer guten Tasse Tee, Gurkensandwiches und Scones sehnten? Im Nachkriegsdeutschland hatte man andere Sorgen. Aber heute kann man in einigen Hamburger Cafés unter dem milden Blick von Queen Elizabeth und King Charles auf plüschigen Sofas den legendären Afternoon tea genießen und hinterher zum Polospiel gehen. Der Hamburger Polo Club in Klein Flottbek wurde schon 1898 gegründet. Viele der jungen Polospieler haben ein Austauschjahr in England verbracht, dort ein paar Semester studiert und ihre Leidenschaft für das Polospielen, aber auch für Cadbury Schokolade und Orangenmarmelade entdeckt. Bei Holland & Sons in der Hamburger Innenstadt werden solche Wünsche erfüllt. Verkäufer Andre Dassow hat seine Leidenschaft für die Royals zum Beruf gemacht. Als Kate und William Hamburg besuchten, wartete er stundenlang vor der Elbphilharmonie. "Dann kamen sie endlich, und als Kate meine Mütze mit dem Union Jack sah, rief sie begeistert, 'Oh, how marvellous'. Andre Dassow ist heute noch stolz auf diese royale Begegnung. Etwas diffiziler war die Kleiderfrage für Hamburgs Ersten Bürgermeister, als sich der König zu seinem Antrittsbesuch in Hamburg ankündigte. Er war sich offenbar sicher, bei Ladage & Oelke wisse man schon, was bei einer Begegnung mit einem König angemessen ist, verrät der Verkäufer. Das "englische Kleidermagazin", nennt sich der edle Herrenausstatter. Und natürlich bekam der Bürgermeister seinen Frack und das passende Hemd des britischen Hoflieferanten Turnbull & Asser. Er hätte aber auch Wachsjacke und Gummistiefel erwerben können, falls dem König eine spontane Rebhuhnjagd in den Sinn gekommen wäre. Selbst einige junge Leute haben das "english fever" bei der Kleiderwahl entdeckt, tragen keine Hoodies und ausgebeulte Hosen, sondern Bowler, Schlips und Tuchmantel, auch wenn die Klassenkameraden sie für bekloppt halten. "Das stört mich nicht. Ich möchte mich gentlemanlike kleiden", sagt ein Schüler. Auch Gibson Kemp war noch Schüler, als er 1962 in Hamburg ankam. Der damals schmächtige 16-Jährige kam aus Liverpool. Die Band Rory Storm & the Hurricanes hatte gerade ihren Schlagzeuger Ringo Starr an eine Newcomerband, die Beatles, verloren und brauchte dringend Ersatz. Gibson Kemp sprang ein, blieb und residiert heute hinterm Tresen im English Pub im Hamburger Mittelweg. "I do the cooking, weißt du", grinst er. Es gibt Livemusik, irisches und englisches Bier und Gibbo macht Curries und Pies. Sein Freund Andrew sitzt stets am Stammtisch, räumt aber ein bisschen verschämt ein, "ich bin ja Schotte, nicht Engländer", das Kemps sei sein Wohnzimmer.

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