Ein unbescholtene Familienvater wird zum Aktivisten und vermeintlichen Kopf einer Terrorzelle: Ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit viel Tempo und Witz treibt die schwarzhumorige ORF/BR-Koproduktion "Eigentlich sollten wir" die Themen Klimaschutz und Konsumwahn auf die Spitze.
"Eigentlich sollten wir" - ein halber Satz mit viel Bedeutung. Der Titel der deutsch-österreichischen Komödie erinnert an "Jemand müsste mal ..." - ein ewiges Streitthema in vielen Familien. So auch bei Stefan (Thomas Mraz), Marion (Marleen Lohse) und ihren drei Kindern. Doch hier geht es nicht ums Müllrunterbringen, sondern um Müllvermeidung und Konsumreduzierung. "Eigentlich sollten wir" läuft am Mittwoch zur Primetime im Ersten, fast ein Jahr nach der Erstausstrahlung im ORF.
Bei einem so woken Thema kann es ganz schnell furchtbar anstrengend und selbstgefällig werden. Doch nichts davon passiert in "Eigentlich sollten wir". Zu verdanken ist das einem ganzen Expertenteam in Sachen subversiv-schwarzer österreichischer Humor. Regisseur Harald Sicheritz wurde unter anderem mit der Komödie "Hinterholz 8" (1998) bekannt, der Filmadaption eines Programms des Kabarettisten und Aktivisten Roland Düringer. Dieser übernahm damals die Hauptrolle und legt nun in "Eigentlich sollten wir" einen weiteren beeindruckenden Auftritt hin. Das Drehbuch schrieben der Kabarettist Klaus Eckel und der Schauspieler Thomas Mranz ("Vorstadtweiber"), der auch die Hauptrolle übernahm.
Und es beginnt dramatisch: Stefan wird mitten in der Nacht von der Polizei abgeholt. Der Vorwurf: Er ist der Kopf einer Terrorzelle! Natürlich ist alles ganz anders. Aber irgendwie auch nicht.
Früher war Stefan, dieser gemütliche Teddybär, ein engagierter Pressefotograf, der keine Demonstration ausließ. Heute kümmert er sich um Haushalt und Nachwuchs, während Marion als Grafikerin das Geld nach Hause bringt. Was sie auch mit nach Hause bringt: jede Menge Plastikspielzeug. "Warum haben wir eigentlich drei Frisbeescheiben", kritisiert Stefan. "Weil unsere Kinder so gut teilen können?", erwidert Marion ironisch. "Wir erziehen hier drei asoziale Narzissten!" - Stefan verzweifelt am Konsumwahn und mangelnden Umweltbewusstsein seiner Lieben. Als er auf einem Spielzeug ausrutscht und sich verletzt, hat er genug.
Im Krankenhaus trifft er auf den kauzigen Ferry Peschl (herrlich: Roland Düringer). Dessen Schwurbeleien ("Wenn du einmal Kontrastmittel drinnen hast, findet dich jedes GPS") findet Stefan zwar befremdlich, doch Ferrys Haltung gegen Konsum und Verschwendung - und sein kleines Reparaturcafé - beeindrucken ihn.
In "Ferry's Paradise" trifft Stefan auf weitere Gleichgesinnte: Luna (Sonja Chan), Alex (Nikolai Baar-Baarenfels) und Alt-Revoluzzerin Gerda (Elfriede Schüsseleder) wollen endlich aktiv werden - und reißen Stefan mit. Unter dem Namen PAK ("Parents against Krempel") sabotieren sie Plastikspielzeug in Läden mit Anti-Konsum-Botschaften und programmieren sprechende Puppen um. Plötzlich kommen Sätze wie "Ich bin der Verschmutzer der Weltmeere" aus ihren Mündern. Auch online geht PAK viral - und die Polizei stuft sie schon bald als Terrorzelle ein ...
Stefan wird wider Willen zum Anführer der PAK. Ausgerechnet jetzt soll Marion eine Kampagne für die Spielzeugfirma von Betty Krüger (Aglaia Szyszkowitz) umsetzen - mit Stefan als Fotograf. Wasser predigen und Wein trinken? Natürlich fliegt Stefans Doppelleben auf ...
Mit hohem Tempo und viel absurder Situationskomik überschlagen sich in "Eigentlich sollten wir" die Ereignisse. Konsumwahn und Konsumkritik werden gleichermaßen auf die Spitze getrieben - und mittendrin die Frage: Wie wollen wir in Zukunft leben? "Wir wollten keine 'das ist richtig und das ist falsch'-Position einnehmen, sondern die Lebensrealität von ganz vielen Leuten einfangen", erklärt Koautor und Hauptdarsteller Thomas Mraz. Seine Schauspielpartnerin Marleen Lohse betont, dass es nicht darum gehe, alles perfekt zu machen, sondern den eigenen Weg zu finden.
Regisseur Harald Sicheritz findet für das Drehbuch von Klaus Eckel und Thomas Mraz nur lobende Worte. Es sei wunderbar, wie sie es geschafft hätten, "ein ernstes Thema ohne erhobenen Zeigefinger und auf eine Art, dass man darüber lachen kann, zu vermitteln". Wunderbar fürwahr. Quelle: teleschau
"Eigentlich sollten wir" - Mi. 26.03. - ARD: 20.15 Uhr