Der Opernsänger und Pianist Roman Grübner ist seit zweieinhalb Jahren abhängig von Beruhigungsmitteln. Alles begann mit Panikattacken während der Corona-Pandemie. Erst nach und nach merkte der 45-Jährige, dass er nicht mehr ohne seine Pillen leben konnte. Grübner leidet unter Hypochondrie, Angststörungen und depressiven Episoden. Sie werden durch die beruhigende Wirkung der Medikamente zwar unterdrückt, doch an vielen Tagen fühlt Roman sich in einem "dauersedierten Zustand", wie er sagt. Arbeiten kann er schon lange nicht mehr. Nachdem auch mehrere Klinikaufenthalte keine Verbesserung brachten, will er nun eine alternative Therapie ausprobieren und hofft, dass sich die Medikamente auf diesem Wege aus seinem Körper ausschleichen. Wege aus der "stillen Sucht" bietet auch die Schmerzklinik in Kiel an. Denn neben Beruhigungs- und Schlafmitteln sind es vor allem Schmerzmittel, die ein hohes Abhängigkeitspotenzial haben. "Die Erkenntnis, dass man von Tabletten abhängig ist - das ist schon hart, das hier so ausgesprochen zu bekommen", sagt Stephanie Dreisbach. Die Migränepatientin leidet seit vielen Jahren unter unerträglichen Schmerzen, ihr Medikament wirkte zuletzt kaum noch. In der Klinik soll sie lernen, ohne das Migränemittel zu leben. "Wir haben in Deutschland ähnlich viele Medikamentenabhängige wie Alkoholsüchtige", sagt der Arzt und Psychiater Rüdiger Holzbach. "Doch Medikamentenabhängige fallen nicht auf, und sie nehmen sich selbst auch seltener als Süchtige wahr, denn es gibt für ihr Medikament eine entsprechende ärztliche Anordnung."
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