Fans hassen und lieben die Relegation – und das nicht ohne Grund. Schließlich gibt es kaum Spiele, die mehr Dramatik, Euphorie, Hoffnung und Angst versprechen. Aber was bedeutet Relegation überhaupt? Was sind die Regeln? Und was waren die krassesten Spiele aller Zeiten? Wir klären alles Wichtige in unserem Artikel.
Am Ende jeder Saison ist es wieder soweit: Die Relegationsspiele stehen an. Während auf der einen Seite pure Abstiegsangst steht, keimen auf der anderen Seite die Hoffnungen auf. Schließlich geht es um das Recht, in Deutschlands höchster Spielklasse zu spielen. Aber was ist die Relegation eigentlich genau?
Im Grunde ist es ganz einfach: Mit der Relegation werden Entscheidungsspiele bezeichnet, bei denen Mannschaften um den Aufstieg bzw. den Verbleib in einer Liga spielen. Das kann je nach Land und Liga unterschiedlich sein. In den Profiligen in Deutschland ist es derzeit so, dass der Drittplatzierte der zweiten Liga gegen den Drittletzten der ersten Liga spielt.
Dabei gibt immer ein Hin- und ein Rückspiel. Geht das Bundesliga-Team als Sieger hervor, verbleiben beide Mannschaften in ihrer jeweiligen Liga. Gewinnt das Team aus der zweiten Liga, steigt es auf. Der Gegner muss dementsprechend den Gang in Liga 2 antreten.
Übrigens: Derselbe Relegationsmodus gilt auch zwischen der zweiten und der dritten Liga. Im Amateurbereich kann es abweichende Regelungen geben, abhängig vom Verband, der Liga und ob es überhaupt einen Relegationsmodus gibt.
Die deutschen Profiligen tragen die Relegation immer mit Hin- und Rückspiel aus. Das soll gleiche Bedingungen schaffen, denn so hat jeder Verein einmal das Heimrecht. Ganz so einfach ist es jedoch nicht: In der Praxis sieht es nämlich so aus, dass die Teams den Heimvorteil immer im Rückspiel haben möchten.
Wieso ist das so? Naja: Wer zuerst zuhause spielt, muss im Rückspiel beim Gegner ran. Und da im Rückspiel final über Auf- und Abstieg entschieden wird, sind die eigenen Fans dann besonders wichtig.
In Deutschland versucht man diesen kleinen Vorteil auszugleichen: Das Team, das länger kein Pflichtspiel mehr bestritten hat, darf zuerst zuhause spielen. So soll eine ausgleichende Gerechtigkeit geschaffen werden.
Der Heimvorteil ist übrigens der Grund für noch eine weitere Regel, die viele Fußballfans so schon aus der Champions League kennen dürften. Die Rede ist von der Auswärtstorregel.
Die Auswärtstorregel der Relegation greift dann, wenn nach Hin- und Rückspiel beide Mannschaften gleich viele Tore geschossen haben: In diesem Fall gewinnt das Team, das mehr Tore im gegnerischen Stadion erzielt hat.
Ein Beispiel: 2019 spielten der VfB Stuttgart und Union Berlin in der Relegation im Hinspiel in Stuttgart 2:2, im Rückspiel in Berlin 0:0 – da die Berliner ihre Tore im Stuttgarter Stadion schossen, durften sie in die erste Liga aufsteigen.
Auch wenn im Jahr 2020 durch Corona vieles im deutschen Fußball anders ist als sonst: Eine Relegation wird es wie gewohnt geben. Nur die Zeitpunkte und Übertragungsrechte sind in diesem Jahr besonders.
Die Relegationsspiele um die Zugehörigkeit in der ersten Bundesliga finden am 2. und 6. Juli statt. Die Relegationsspiele um das Unterhaus finden dieses Jahr deutlich zeitversetzter statt. Weil die 3. Liga aufgrund der Corona-Pause ihre Saison erst am 4. Juli abschließt, finden die Relegationsspiele um Liga 2 am 7. und 11. Juli statt.
Dieses Jahr gibt es nicht die ganze Relegation im Free-TV. Stattdessen wird Amazon Video die Relegation um die erste Liga übertragen. Immerhin die Spiele um Liga 2 werden aber im ZDF gezeigt.
Nachdem sich Werder Bremen an einem kuriosen letzten Spieltag mit einem 6:1 gegen den 1. FC Köln noch auf den 16. Platz gerettet hat, darf es in der Relegation nun doch noch auf einen Verbleib in der ersten Bundesliga hoffen. Dort geht es gegen den Dritten der zweiten Liga: den 1. FC Heidenheim.
Die Relegation in der Bundesliga ist keine Selbstverständlichkeit. Schon seit den 70ern gibt es Diskussionen, ob sie gerecht ist, wie die Regeln sein sollten und welche Plätze überhaupt antreten müssen. Deshalb gab es diesen besonderen Spielmodus nicht immer.
Im deutschen Profifußball gibt es die Relegation seit der Saison 2008/2009. In diesem Spiel gewann der 1. FC Nürnberg deutlich 3:0 und 2:0 gegen Energie Cottbus. Die Cottbusser haben seitdem übrigens nicht mehr den Wiederaufstieg in die erste Liga geschafft – vielmehr sogar bis in die Regionalliga Nordost gerutscht.
Die Relegation zwischen Nürnberg und Cottbus war aber nicht die erste, die Fußballdeutschland gesehen hat. So wurden bereits zwischen 1982 und 1991 schon einmal Relegationsspiele ausgetragen.
Grund für die Einführung war damals der Start der eingleisigen zweiten Bundesliga. Vorher gab es sowohl eine 2. Bundesliga Süd als auch eine 2. Bundesliga Nord. Damals durfte jeweils der erstplatzierte in die Elitespielklasse aufsteigen. Der dritte Aufsteiger wurde zwischen den beiden zweitplatzierten der Ligen ausgespielt.
Dass die Relegation 1991 zwischenzeitlich wieder abgeschafft wurde, lag ebenfalls an einer Umstrukturierung der Liga – der wohl größten aller Zeiten. Damals wurden west- und ostdeutsche Liga zusammengelegt.
Früher wurden die Relegationsspiele übrigens etwas anders ausgetragen als heute: Eine Auswärtstorregel gab es noch nicht. Und wenn nach Hin- und Rückspiel kein Sieger feststand, gab es ein Entscheidungsspiel auf neutralem Boden. Das war 1986, 1988 und 1991 der Fall.
Die Relegation 1986 war aufgrund dieser Regelung besonders denkwürdig. Nachdem nach zwei engen Spielen kein Sieger feststand, musste es ins Entscheidungsspiel zwischen Fortuna Köln und Borussia Dortmund gehen. Dort bekamen die Fans aber alles andere als ein spannendes Spiel zu sehen: Erstligist Dortmund fegte die Kölner mit 8:0 aus dem Düsseldorfer Rheinstadion. Fairerweise soll dazu aber gesagt sein, dass die Elf der Fortuna durch Verletzungen und Sperren auch deutlich dezimiert war.
Besonders denkwürdig war ein weiteres Spiel: 2012 spielten Hertha BSC Berlin und Fortuna Düsseldorf in einer skandalösen Partie gemeinsam – nachzulesen in unserem Artikel über die krassesten Abstiegskämpfe aller Zeiten
Dass ein Zweitligist gewonnen hat, ist noch nicht häufig passiert. In den ersten Jahren der Relegation gelangen nur Bayer 05 Uerdingen, dem 1. FC Saarbrücken und den Stuttgarter Kickers das Kunststück.
In der zweiten Phase der Relegation, die inzwischen schon mehr als zehn Jahre alt ist, gewannen bis jetzt der 1. FC Nürnberg, Fortuna Düsseldorf und Union Berlin. Für die Zweitligisten also eine ziemlich schlechte Bilanz.
Weil seit 2009 nur dreimal der Zweitligist gewonnen hat, wird an der Relegation vor allem kritisiert, dass sie dafür verantwortlich ist, dass die Ligen nicht mehr so durchlässig und damit weniger gerecht sind.
In diesem Punkt sehen viele Kritiker einen Schutz der Erstligisten, die, selbst wenn sie eine schlechte Saison gespielt haben, am Ende meistens doch in der Liga bleiben. Gleichzeitig haben es Zweitligisten schwerer, selbst wenn sie eine herausragende Saison gespielt haben.
Natürlich wäre es fair, die gute Arbeit einer gesamten Saison zu belohnen. Andererseits ist der Verbleib auch sportlich verdient, wenn der direkte Vergleich eben häufig zu Gunsten der Bundesligisten ausgeht.
Wie auch immer die Relegation ausgetragen wird – ob sie nun von Kritikern und Fans als gerecht empfunden wird und egal in welcher Zeit der Bundesliga-Geschichte die Spiele stattfanden – steht eines fest: Die Relegation bietet immer tolle und vor allem extrem spannende Partien. Und diese Spiele sind es, weshalb die Fans den Fußball so lieben.
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