Weitere Sonderausgaben geplant

„Aktenzeichen XY“ wächst weiter: Nächstes Special im Anmarsch

17.07.2024 um 16:06 Uhr

Das ZDF will die Erfolgsgeschichte von „XY“ mit einem neuen Special und einem historischen Ableger fortführen. Was genau dahinter steckt, haben uns die Macher verraten.

Ein Artikel von TV DIGITAL Chefreporter Mike Powelz

Der Fahndungsaufruf der Polizeidirektion Neumünster klingt nüchtern: „Familienname: Vogt. Vorname: Henning. Geschlecht: männlich. Alter: 48. Größe: 175 Zentimeter. Schlanker Körperbau, dunkelblondes Haar. Wer kann Angaben zum Aufenthaltsort des Herrn Vogt machen?“ Doch hinter diesen kühl klingenden Fakten verbirgt sich ein Schicksal, das Angehörige und Freunde verzweifeln lässt. Seit dem 19.9.2021 wartet Vogts Familie vergeblich auf ein Lebenszeichen des Vermissten, der seine Katzen an jenem Tag in der gemeinsamen Wohnung mit seinem Lebensgefährten zurückließ und seitdem wie vom Erdboden verschluckt ist.

Letzte Hoffnung? Die neue Sonderausgabe von „Aktenzeichen XY ...vermisst"  (Mittwoch, 17. Juli um 20.15 Uhr im ZDF), in der Moderator Rudi Cerne neben der Suche nach Henning Vogt noch drei weitere Fälle aufrollt. Cerne zu HÖRZU: „Was alle vier Fälle gemeinsam haben, ist eine zermürbende Ungewissheit für die Angehörigen. Das beschäftigt sie jeden Tag 24 Stunden lang. Die Gedankenraserei über das Schicksal der Vermissten lässt den Betroffenen einfach keine Ruhe.“ Doch die besorgten Familien dürfen sich durchaus Hoffnung machen, dass ihre verschollenen Liebsten nach Ausstrahlung der Sendung eventuell wieder auftauchen: Das beweist der Fall der 2014 spurlos verschwundenen Luljeta (13).

Für Rudi Cerne zählt die Geschichte des Mädchens zu jenen Fällen, die ihn am meisten bewegt haben. Der Moderator verrät uns: „Den Fall der vermissten Luljeta werde ich nie vergessen. Die Teenagerin wurde seit einem Jahr vermisst, und die Eltern traten 2015 live in unserer Sendung auf. Die Mutter richtete unter Tränen einen bewegenden Appell in die Kamera – und tatsächlich: Auch Luljeta, die inzwischen bei einem sieben Jahre älteren Mann lebte, war beim Zappen in der Sendung hängen geblieben und sah die ganze Verzweiflung der Eltern. Der Auftritt hatte das Mädchen so sehr berührt, dass sie sich gleich bei der Polizei meldete. So fand dieser Vermisstenfall doch noch ein gutes Ende.“

Zum Glück für die Angehörigen war Luljeta eine von rund fünf Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern, die das „Vermisst“- Special im Schnitt sehen. Doch nicht nur bei diesem Ableger der Originalsendung „Aktenzeichen XY… Ungelöst“ fiebern unzählige Menschen mit. Auch die drei weiteren sogenannten Spin-offs mit den Titeln „Cold Cases“, „Vorsicht, Betrug!“ und „Vorsicht, Urlaubsfalle!“ sind stets Garanten für Topquoten. Kein Wunder, dass sich die „XY“-Macher deshalb immer mehr neue Ableger ausdenken. Aber sind nicht bereits alle Ideen ausgereizt?

Möglichkeiten bei den ‚XY‘-Specials noch lange nicht ausgeschöpft

Ina-Maria Reize-Wildemann, Chefredakteurin der für „Aktenzeichen XY“ verantwortlichen „Redaktion Eduard Zimmermann“, verneint das im Gespräch mit HÖRZU: „Kriminalgeschichten können auf vielfältigste Art und Weise erzählt werden. Man sieht es ja an den unzähligen True-Crime-Formaten, die meist mit recht gutem Erfolg in fast allen Kanälen laufen. Da ist natürlich die Vielfalt der Möglichkeiten auch bei den ‚XY‘-Specials noch lange nicht ausgeschöpft.“

Als Nächstes auf der Startrampe: ein Rückblick auf historische Verbrechen. Titel: „XY History“. Termin: ab 4. September. Moderator: Sven Voss. Der 48-Jährige zu HÖRZU: „Bei ‚XY History‘ vergleichen wir spektakuläre Verbrechen der deutschen Kriminalgeschichte mit aktuellen Fällen. Wir zeigen, wie damals ermittelt wurde und welche Möglichkeiten die Kriminalpolizei heute hat. Der erste deutsche Kriminalkommissar Ernst Gennat hat in den 1920er-Jahren die Ermittlungsarbeit revolutioniert und die Aufklärungs quote in Berlin in die Höhe getrieben.

Mittlerweile sind die Methoden der Spurensicherung durch den DNA-Abgleich noch viel präziser geworden. In Berlin habe ich den Ermittlern bei ihrer Arbeit über die Schulter geschaut, auch was die Aufklärung beim Goldmünzenraub im Bode-Museum betrifft. Wie man dem organisierten Verbrechen im letzten Jahrhundert begegnet ist, sieht man bald bei ‚XY History‘. Damals wie heute war bzw. ist es spannend zu sehen, wie die Polizei versucht, den Verbrechern das Handwerk zu legen und immer einen Schritt voraus zu sein.“

Doch wie entstehen die Ideen für Spinoffs? Und wären auch Ableger wie „Cybercrime“, „Mord Spezial“ oder „Sexualverbrechen“ denkbar? ZDF-Sprecherin Elisa Schultz zu HÖRZU: „Die ‚XY‘-Spin-offs entstehen aus Themenschwerpunkten, die in regulären Sendungen regelmäßig wiederkehren. Zusätzlich zu den bisherigen Dank Ablegern sind deshalb natürlich auch in Zukunft weitere Spezialausgaben denkbar.“

Billige XY-Kopien anderer Sender konnten nich überzeuen

Auf weitere Spin-offs zu verzichten, so Medienexperten, wäre bei einer derart seriösen und starken Marke wie „Aktenzeichen XY… Ungelöst“ ein fahrlässiger Fehler des Mainzer Senders – schließlich zählt die ZDF-Fahndungssendung neben der „Tagesschau“ und dem „Tatort“ zu den ältesten und zugleich beliebtesten Formaten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Kein Wunder, dass konkurrierende Sender, die das Konzept kopieren wollten oder mit ähnlichen Ideen an den Start gingen, damit krachend vor die Wand fuhren.

Zwei Beispiele: 2017 scheiterte RTL Zwei mit der Fahndungsshow „Ungeklärte Fälle: Deine Hilfe zählt“, von der es nur zwei Ausgaben gab. 2018 floppte Das Erste mit dem von Judith Rakers moderierten „Kriminalreport“. Beide Shows wurden längst auf dem Fernsehfriedhof begraben, einzig RTL fischt noch ab und an mit „Achtung Verbrechen!“, präsentiert von Dieter Könnes, nach Zuschauern – doch auch die Sendung im April 2024 enttäuschte quotenmäßig total. Fazit: Die Macher billiger Kopien können von den Zuschauerzahlen des Originals im ZDF nur träumen.

Die Zustimmung der Betroffenen muss immer gegeben sein

Was fasziniert Millionen von Menschen an den von Rudi Cerne und Sven Voss präsentierten Formaten? Chefredakteurin Reize-Wildemann: „Wir arbeiten stets seriös an den Fällen und nie gegen die Zustimmung der Personen, um die es in unseren Beiträgen geht. Im Gegenteil: Wir lassen Fälle, fertige Drehbücher und zuweilen sogar fertige Filme fallen, wenn die Zustimmung der Betroffenen nicht vorliegt oder nicht einzuholen ist.“

Das, so Wildemann weiter, habe indes nichts mit „juristischen Auseinandersetzungen“ zu tun: „Juristisch sind unsere Fälle alle geprüft und absolut unbedenklich – ein Qualitätsmerkmal, das die Zuschauer wahrnehmen. Außerdem geht’s bei ‚XY‘ nicht in erster Linie um Unterhaltung, sondern um die Mithilfe bei der Aufklärung von Verbrechen. Bei unseren unterschiedlichen ‚gelöst‘-Formaten steht die Arbeit der Ermittler im Vordergrund, sie schaffen Verständnis und Vertrauen für ihr Tun. Das ist eine ebenfalls wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe!“

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