Im Fernbus zum Fest

"Alle Jahre wieder": Charly Hübner wird zum weihnachtlichen Busfahrer

06.12.2024 um 17:40 Uhr

Wie im letzten Jahr erfreut Charly Hübner das Fernsehpublikum mit einem sympathischen Film in der Vorweihnachtszeit. In der Dramedy "Alle Jahre wieder" spielt er einen Fernbusfahrer, der jedes Jahr kurz vor dem Fest dieselben Passagiere durchs Land kutschiert.

Musikshows, Märchenfilme, Mörderjagd: Weihnachtstraditionen gibt es im deutschen Fernsehen zuhauf. Eine überaus sympathische Spielart davon könnte nun auch Schauspieler Charly Hübner etablieren. Beging er vergangenes Jahr in der gleichnamigen Ost-West-Komödie noch "Das Fest der Liebe", spielt der beliebte Darsteller nun abermals in einem Weihnachtsfilm der etwas anderen Sorte. In der ARD-Dramedy "Alle Jahre wieder" (Fr, 6. Dezember, 20.15 Uhr im Ersten) kutschiert er als angemessen grummeliger Fernbusfahrer kurz vor dem Fest seine Fahrgäste durchs Land. Während es an Bord mehr oder minder besinnlich zugeht, werden die prominent besetzten Passagiere jedes Jahr aufs Neue mit ihren Problemchen und Sehnsüchten konfrontiert. Passend zum Nikolaustag stimmt der sympathische Film von Regisseur Felix Herzogenrath so unterhaltsam wie nachdenklich auf die Advents- und Feiertage ein.

Charly Hübner, der zuletzt mit seinem viel beachteten Kinofilm über die Band Element of Crime auch als Regisseur ein kleines Comeback feierte, ist die Rolle des Busfahrers Robert wie auf den Leib geschneidert: Mit der notwendigen Gleichmütigkeit, die man als Fahrer zum Fest an den Tag legen muss, trägt er die Fassung ebenso wie seine alberne Weihnachtsmannmütze auf dem Kopf. "Ho ho ho, hier spricht der Weihnachtsmann-Busfahrer", spricht er ins Mikro, nur um anzufügen: "Müssen wir machen, ist ja Weihnachten". Und so geht es Jahr für Jahr, immer wieder auf derselben Strecke zwischen Berlin und Bayern - und mit denselben Passagieren: Konzentrieren sich die meisten Weihnachtsfilme auf ein Fest, erzählt "Alle Jahre wieder" gleich von vier verschiedenen Jahren, und damit von vier Busfahrten, bei denen die gleichen vier Fahrgäste im Zentrum des Geschehens stehen.

Dialogwitz und erfrischende Figuren

Da wäre etwa der frisch nach Berlin gezogene Felix (Klaus Steinbacher), der zum Fest in die Heimat nach Mittenwald fährt, um dort mit der Familie zu feiern und seiner Freundin Saskia (Leslie-Vanessa Lill) endlich einen Hochzeitsantrag zu machen. Hätte er nur nicht den Verlobungsring verloren - und sich obendrein im Bus in Hanna (Sinje Irslinger) verguckt. Die frisch Getrennte flirtet heftig ("Gehen wir zu mir oder zu dir?") und kann den eigentlich Vergebenen auch in den kommenden Jahren nicht vergessen. Also fragt sie ihre Oma (Lisa Kreuzer) um Rat, mit der sie jährlich zu zweit Weihnachten begeht und die mit einigen Weisheiten aufwartet: "Für so etwas Spießiges wie Heiraten hätten sie uns in den 60-ern gesteinigt", erinnert sich die selbsternannte "Alterslesbe im Passivmodus".

Auch Felix ist ratlos ob seiner chaotischen Gefühle: "Ich hab keine Ahnung was ich machen soll", verzweifelt er. "Dann mach doch erstmal gar nix", rät die herrlich albern von Elena Uhlig verkörperte Frau Mama. An Dialogwitz und erfrischenden Figuren mangelt es in "Alle Jahre wieder" nicht. Ebenso wenig an Running Gags wie jenem mit dem Opa (Hans Stadlbauer), der jedes Jahr aufs Neue nur das korrekt vorgetragene Evangelium und seinen Bratapfel im Sinn hat.

Loriot hätte hier seine Freude gehabt. Aber auch Freunde dramatisch-seichter Weihnachtsromantik à la "Tatsächlich Liebe" kommen auf ihre Kosten: Dass man die so romantische wie scheinbar hoffnunglose Beziehung zwischen den beiden Turteltauben über mehrere Weihnachtsfeste verfolgen kann, macht den hauptsächlichen Reiz des Films aus.

"Sie wollte nicht mit einem Busfahrer zusammen sein"

Ein Auf und Ab der Gefühle erleben die Zuschauer auch bei Kathrin und ihrem Sohn Elias: Maria Simon überzeugt als Alleinerziehende, die sich um ihren herzkranken Sohn (Lennox Louis) sorgt und vom Weihnachtsfest nicht mehr allzu viel erwartet. Noch weniger glaubt sie an die wahre Liebe: "Wir brauchen keinen, mit dem wir Weihnachten feiern. Wir brauchen jemanden fürs ganze Jahr", belehrt sie Busfahrer Robert, der sich gern mal ungefragt einmischt. Aber vielleicht kann er ja trotz mancher Tollpatschigkeiten helfen?

Je weiter der Film und die Jahre voranschreiten, desto mehr erfährt man auch über den Mann in der Fahrerkabine: "Sie wollte nicht mit einem Busfahrer zusammen sein", liefert Robert Einblicke in sein tristes Liebesleben. Als norddeutsch-nüchterner Pragmat mit dem Herzen am richtigen Fleck kontrastiert Charly Hübner in seiner Rolle die bayerisch-romantische Szenerie am verschneiten Zielort Mittenwald. Und einiges lernt man dann auch über das Dasein als Fernbusfahrer: "Ist es Busfahrern nicht eigentlich untersagt, sich mit Gästen zu unterhalten?", will Kathrin an einer Stelle wissen. Kurze Entgegnung: "Nee, es ist andersrum." Weshalb auf der langen Nachtfahrt jedoch nie ein vorgeschriebener Ersatzfahrer an Bord ist, bleibt wohl ein Geheimnis ...

Zwischen Episodenfilm, Roadmovie und Kammerspiel

Irgendwo zwischen Episodenfilm, Roadmovie und Kammerspiel angesiedelt, zeigt der Film den alljährlichen Trott, aber auch die wechselnden Einstellungen und Beziehungen seiner Protagonisten. Einerseits Alltagsroutine, andererseits der Wandel im Lauf der Zeit: Das Publikum erhält für einen besonderen Tag im Jahr Einblick ins gleichbleibende und sich doch laufend verändernde Leben der Figuren - ein Konzept, das bereits in der gefeierten Netflix-Serie "Zwei an einem Tag" überzeugte.

Wobei die Botschaft auch hier simpler kaum sein könnte: "Alle Jahre wieder" zeige, "worum es zur Weihnachtszeit geht", weiß Hanna-Darstellerin Sinje Irslinger: "Egal, ob mit oder ohne Tradition, und egal, wie diese aussehen: Es geht vor allem darum, mit Menschen zusammen zu sein, die man liebt und die man gerne um sich hat." Der Film funktioniert, weil er bedient, was man in der Adventszeit im TV sehen will - und weil er diese traditionellen Ansichten zu Liebe, Familie und Nähe zugleich ad absurdum führt. Wenn auch längst nicht so grotesk wie 2023 die Satire "Das Fest der Liebe" von Regisseur Jan Georg Schütte. Im Vergleich zu Hübners Vorjahresfilm kommt "Alle Jahre wieder" gefälliger, braver und versöhnlicher daher.

Von der Masse der alljährlichen Weihnachtsfilme und festlichen Komödien dürfte sich "Alle Jahre wieder" dennoch wohltuend abheben. Dafür sorgt neben dem ungewöhnlichen Konzept auch das unaufgeregte Drehbuch (Tommy Wosch), das mal romantisch, mal tragisch und mal humorvoll daherkommt. Getragen wird der ARD-Film aber von seinen Charakteren, deren Darsteller das Dramedy-Genre allesamt in all seinen Facetten beherrschen. Allen voran Charly Hübner, der den Filmtitel mit Blick auf seine vorweihnachtlichen Projekte fortan gern wörtlich nehmen darf. Alle Jahre wieder einen Weihnachtsfilm mit dem bodenständigen Mecklenburger würde zu den schönsten Traditionen gehören, die man sich fürs Fest im Fernsehen wünschen darf.

Quellen
  • teleschau
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