ARD-Reportage am 11. Juni

Traum-Ruhestand: So lassen es sich deutsche Rentner in Griechenland gut gehen

10.06.2022 um 17:56 Uhr

Er wagte, wovon viele träumen. Im April verstaute Norbert R. seine Sachen in seinem Mercedes-Van und fuhr mit Ehemann Illia und Hündin Lilly gen Süden. In drei Tagen von Crimmitschau bei Chemnitz bis Griechenland. 1800 Kilometer. Seine Rentenjahre wolle er in einem Land mit Sonne, Fisch und Meer verbringen. Das erklärt der sympathische 63-Jährige in einer sehenswerten Reportage aus der Reihe „Weltspiegel“.

Ein Artikel von Hörzu-Reporter Dago Weychardt

Leben, wo andere Urlaub machen

Doch der Umzug von Sachsen an die nordöstliche Ägäis wäre beinahe schon in Deutschland gescheitert. Der Vermieter in Thessaloniki sagte die Wohnung kurz vor der Abfahrt ab. „Die beiden waren völlig verzweifelt“, erinnert sich Auslandskorrespondentin Anja Miller, die die Auswanderer mit Kameras begleitet hat. „Doch dann haben sie sich durchgerungen und sind trotzdem losgefahren.“ Es war eine Fahrt ins Ungewisse, bei der Norbert R. und sein Ehemann Auswandererqualitäten bewiesen. Sie sind reisefreudig, optimistisch und flexibel. Eine gute Basis für so einen Schritt: „Auswanderer müssen mit Krisen rechnen und diese auch aushalten. Es läuft nie nach Plan“, so Miller, die das ARD-Studio in Rom leitet, das für Italien, den Vatikan, Malta und Griechenland zuständig ist.

In der Vergangenheit hat Norbert R. viel Zeit in Spanien verbracht. Warum tauscht er nun Tapas gegen Zaziki? „Griechenland hat ein gutes Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland – das war für mich das Ausschlaggebende“, sagt Norbert R. „Und natürlich die Menschen.“ Die Griechen sind bekannt für ihre gastfreundliche und warmherzige Art.

248.000 deutsche Renten fließen ins Ausland

Tatsächlich steigt die Zahl der Ruheständler, die ihren Lebensabend in der Ferne verbringen: 2020 zahlte die Deutsche Rentenversicherung 248.000 Renten ins Ausland, acht Prozent mehr als fünf Jahre zuvor (229.000). Die meisten Deutschen zieht es in die Schweiz, nach Österreich, in die USA, wo die Sprachbarriere niedrig ist. Miller und Co-Autorin Verena Schälter haben auch die Berlinerin Ursula T., Jahrgang 1955, besucht. Die Deutsche wanderte vor einigen Jahren mit ihrem Mann nach Kreta aus und kaufte dort ein Haus. Bereut hat sie ihre Entscheidung nie. In ihrem Blog auswander-tagebuch.com berichtet sie von Erfahrungen und gibt Tipps.

Seit 2020 will die Politik in Athen das Land mit Steueranreizen zum Seniorenparadies machen. Ausländische Rentner zahlen nur sieben Prozent Steuern, vergleichsweise wenig. Die „Silver Economy“ soll die Wirtschaft stärken und Arbeitsstellen schaffen. Doch bislang gab es erst ein paar Hundert solcher Anträge von deutschen Ruheständlern. „Je nach Coronalage dürfte es jetzt anziehen“, schätzt Miller. „Das Potenzial ist da: gutes Essen, gutes Wetter und freundliche Menschen. Wer sich auf einen Dorfplatz setzt, kommt leicht ins Gespräch. Das ist bei uns anders, da ist es im Alter oft anonymer.“

Goodbye Deutschland funktioniert nur mit Vorbereitung

Doch bei aller Euphorie für mediterrane Leichtigkeit: Ein Urlaub ist etwas anderes als der Alltag vor Ort. „Die größte Hürde ist tatsächlich die Sprache. Außerdem sollte man sich vorab gut informieren: über medizinische Versorgung, Steuern, Sozialversicherung und rechtliche Besonderheiten“, so Anja Miller. „Auch Geduld ist gefragt. Bis ein Steuerantrag in Griechenland genehmigt ist, kann ein Jahr vergehen, weil alles zentral in Athen bearbeitet wird.“ Die ärztliche Versorgungslage im Gastland sollten Ausreisewillige einkalkulieren. „Es gibt gute griechische Ärzte, aber die Krankenhäuser sind heruntergespart.“

Balkon mit Meerblick

Und wie finden die Griechen die Zuzügler aus dem Norden? „Wir haben bei den Nachbarn herumgefragt“, sagt Miller. „Die sahen das locker. Ich bin gespannt, ob das so bleibt, wenn mehr kommen.“ Nach drei Wochen Suche zogen Norbert R. und sein Mann im Mai übrigens in eine zweckmäßige Wohnung in einem Vorort Thessalonikis. Drei Zimmer, zwei Balkone, fünf Minuten zum Strand. Kaltmiete 520 Euro. Ein Lieblingslokal haben sie auch schon. Sie sind zufrieden. Es ist nicht alles perfekt, aber ein guter Anfang.

„Rentner in Griechenland“: Samstag, 11. Juni, um 16.30 Uhr im Ersten

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