Hasan zog ein Mädchen aus den Fluten

Das Ahrtal nach der Flut: Dieser todesmutige Held wird im Stich gelassen

12.01.2022 um 16:37 Uhr

Ein halbes Jahr nach verehrenden Flutkatastrophe 2021 kämpfen im Ahrtal viele Menschen um ihre Existenz. Für sie geht es jetzt um die Zukunft und die von der Politik angekündigte, großzügige Unterstützung hält sich häufig in Grenzen.

Juli 2021: Eine gigantische Flutwelle, fast 7 Meter hoch, kostet viele Menschen im Ahrtal das Leben. Sie reißt Häuser mit sich und zerstört komplette Dörfer. Wie geht es den Menschen dort heute - ein halbes Jahr nach der Flut? Kommen versprochene Hilfen wirklich an oder werden die Betroffenen alleine gelassen? SWR Reporter Tobias Koch hat die Menschen im Ahrtal über mehrere Monate für seine Doku besucht.

Einer davon ist Hasan Mahmoud. In der Nacht, als die Ahr zum tödlichen Strom anstieg, wurde er zum Held. Trotz Lebensgefahr rettete er ein Mädchen aus den gefährlichen Fluten. Hannah stand mitten in den Wassermassen, mit einem Kaninchen im Arm. "Ich habe gar nicht drüber nachgedacht, sondern sie einfach gepackt. Und dann kam auch schon ein Auto angeschwommen, das uns fast zerquetscht hätte", erzählt er im Interview. „Man hilft, wo man kann und darüber denkt man gar nicht nach.“  

Die Doku zeigt den emotionalen Moment, in dem Hasan zum ersten Mal den Stiefvater von Hannah trifft, die er in den Fluten nicht festhalten konnte. „Auf dem linken Arm hatte ich noch die kleinste Tochter von meiner Partnerin und ich der rechten Hand die Sechzehnjährige und die wurde mir so aus den Händen gerissen, ich konnte sie nicht mehr halten. Innerhalb von Sekunden war sie weg“, erzählt er noch immer mitgenommen. Er rettete sich in ein Haus, doch bis morgens um halb 5 Uhr wusste er nicht, was mit seiner Stieftochter geschehen war: „Das waren die schlimmsten Stunden meines Lebens. Dann kam der erlösende Anruf, in dem Hannah erzählte, dass sie jemand aus den Fluten gezogen hatte. „Das war dann hier der Hasan, der Lebensretter."

Das Auto, das beide beinahe das Leben gekostet hätte, hing an Hasans Haus, das durch das Wasser innen komplett zerstört wurde. Im Rohbau erzählt Hasan dem Reporter auch von seinem Kosmetikstudio, dass er vor sechs Jahren gemeinsam mit seiner Schwester aufgebaut hatte. Diese Existenz ist nun mehr als bedroht. Vom Land bekam er insgesamt 13.000 Euro Soforthilfe für seine Wohung - so viel kostetet allein seine Küche. Dazu muss sich Hasan über Abzocker ärgern: "Ich habe Handwerkerangebote bekommen von über 150.000 Euro nur für meinen Garten. In Zeiten wie diesen macht man sich nicht die Taschen voll. Das macht man nicht."

Im Dezember ist sein Kosmetikstudio noch immer komplett zerstört. „Alles, was wir uns aufgebaut haben ist kaputt, ohne richtig abgesichert zu sein. Auch Hasans Schwester ist niedergeschlagen, weil nichts voran geht: „Es ist alles kaputt, wir müssen zusehen, dass wir nicht untergehen.“

Am Ende der Reportage bekommt Hasan eine niederschmetternde Nachricht: Das Land zahlt ihm nur die Hälfte von dem, was sie für den Wiederaufbau brauchen.

„Das Ahrtal nach der Flut - Erst verwüstet, dann vergessen?“: Mittwoch, 12. Januar, 20.15 Uhr im SWAR und in der ARD-Mediathek.

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