Einer härter als der andere!...
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Im TV kann so einiges schief gehen, vor allem dann, wenn Sendungen oder...
Hinter den Fassaden eines Grandhotels: Im ARD-Zweiteiler „Das Weiße Haus am Rhein“ wird das Schicksal einer Hoteliersfamilie zwischen zwei Weltkriegen gezeigt.
Ein Artikel von TV DIGITAL Reporterin Ulrike Schröder
Wir Jungen müssen uns die Welt zurückholen!“ Emil Dreesen hat große Pläne. Doch als er aus dem Ersten Weltkrieg nach Bonn zurückkehrt, dient das Familienhotel den französischen Besatzern als Kommandozentrale. Emil handelt mit einem Offizier aus, dass der Gastronomiebetrieb weitergehen darf – und bringt als Juniorchef frischen Wind ins „Weiße Haus“ am Rhein. (Montag, 3. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten und in der ARD-Mediathek)
Emils Eltern werfen ihm Verbrüderung mit dem Feind vor. Doch seine resolute Großmutter, die im Hause Dreesen das letzte Wort hat, unterstützt die Pläne des Enkels. Denn jetzt, da die Inflation „uns jeden Tag ein Stück Fleisch von den Knochen frisst“, sind Ideen gefragt, um solvente Kundschaft anzulocken. Eine neue Ära bricht an.
Emil Dreesen, der junge Held des packenden, auf Tatsachen beruhenden Zweiteilers „Das Weiße Haus am Rhein“ (Mo, 3. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten) hieß eigentlich Fritz – genauso wie der Gründer des historischen „Rheinhotel Dreesen“. Und der heutige Inhaber. 1894 eröffnete Fritz Dreesen im Bonner Bezirk Bad Godesberg eines der ersten Grandhotels Deutschlands. Den Beinamen „Weißes Haus“ verdankt der imposante Bau seiner strahlenden Fassade. „Obwohl ich selbst aus Köln komme, kannte ich das ‚Rheinhotel Dreesen‘ nicht“, sagt Katharina Schüttler, die Emils strenge Mutter Maria spielt. „Es war spannend, hier anhand einer Familiengeschichte gleichzeitig Weltgeschichte zu erzählen.
Die familiären Konflikte zwischen den Generationen spiegeln immer auch das politische Zeitgeschehen.“ Und das endlich mal nicht in Berlin, sondern in Bonn, wo die wilden 20er-Jahre weniger wild waren – zumindest, was das Nachtleben angeht. Dabei hält sich der Zweiteiler eng an die historischen Fakten, nimmt sich bei den (Neben-) Figuren jedoch künstlerische Freiheiten.
Verbürgt sind die prominenten Gäste aus Gesellschaft und Politik: Konrad Adenauer stieg hier ab, sogar US-Komiker Charlie Chaplin, wie die begleitende Doku belegt (siehe S. 14). Schließlich ein gewisser Adolf Hitler, den seinerzeit niemand ernst nimmt. Doch im „Rheinhotel“ ist der Gast König. Hitler wird den Dreesens ihre Gastfreundschaft nie vergessen, er kürt das Hotel später zu seinem „Stützpunkt“ im Rheinland. Emils Mutter Maria wird enge Freundin von Hitlers Geliebter Eva Braun.
„Das Weiße Haus am Rhein“ glänzt mit starken Frauenfiguren: Zimmermädchen Elsa, das für Arbeiter- und Frauenrechte kämpft; Emils rebellische Schwester Ulla, die sich in einen Jazzmusiker verliebt. Maria Dreesen dagegen ist keine Sympathieträgerin, verdeutlicht aber eindrucksvoll, wie sich Menschen blenden lassen. „In den Augen ihrer weltgewandten Schwiegermutter bleibt sie immer der angeheiratete Emporkömmling“, erklärt Katharina Schüttler. Die Schauspielerin zeigt, „wie der aufkommende Nationalsozialismus Maria aufleben lässt: ein Hoffnungsschimmer, dass mit den Nazis etwas völlig Neues beginnt und ihr Leben eine andere Richtung nimmt. Das ist natürlich ein fataler Irrtum und führt dazu, dass sie – wie viele andere auch – schreckliche Dinge in ihrer direkten Umgebung ausblendet.“
Ein Meilenstein ist das Gipfeltreffen mit dem britischen Premierminister 1938, das Reichskanzler Adolf Hitler in sein Lieblingshotel verlegt. Nur Tage später wird ein Abkommen unterzeichnet, das einen neuen Krieg in Europa verhindern soll. Doch Hitler ist nicht mehr aufzuhalten. Die Produzenten verzichten übrigens darauf, ständig Jahreszahlen einzublenden. Das dramatische Geschehen im „Weißen Haus“ erschließt sich auch so – und würde genug Stoff für eine Serie bieten. Dankenswerterweise wird der rasante Zweiteiler am Stück ausgestrahlt. Fortsetzung folgt? Katharina Schüttler hofft mit: „Ich bin selber gespannt, ob es mit der Familie Dreesen weitergehen wird.“
„Das Weiße Haus am Rhein": Montag, 3. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten und in der ARD-Mediathek.