Einer härter als der andere!...
Einer härter als der andere!
Im TV kann so einiges schief gehen, vor allem dann, wenn Sendungen oder...
Vor 80 Jahren planten hitlertreue NS-Funktionäre bei der Wannseekonferenz eiskalt den Mord an Millionen Juden. Das ZDF zeigt als mahnenden Erinnerung den eindrucksvollen Film „Die Wannseekonferenz, bei dem ein TV-Star-Ensemble mit Maximilian Brückner, Fabian Busch, Thomas Loibl und vielen anderen die skrupellosen Nazis spielt.
Ein Artikel von TV Digital Reporterin Mirja Halbig
Der mörderische Plan steht fest. Am 20. Januar 1942 treffen sich 15 NS-Funktionäre in einer Villa am Rand von Berlin, um den größten Völkermord der Geschichte zu organisieren. In nur 90 Minuten beschließen sie an einem Konferenztisch das Unfassbare: wie systematisch elf Millionen Juden ermordet werden sollen. Ein Ereignis, das sich nie wiederholen und nie vergessen werden darf. Zum 80. Jahrestag zeigen viele TV-Sender Filme und Dokumentationen zu diesem Thema.
Höhepunkt ist die sehr gut besetzte ZDF-Produktion „Die Wannseekonferenz“ (Mo, 24.01, 20.15 Uhr im ZDF). Januar 1942. Es ist kurz vor 12 Uhr mittags, als schwarze Wagen vor dem Portal der Villa Am Großen Wannsee 56– 58 halten. Der Schnee knirscht unter den Füßen der Konferenzteilnehmer, zielstrebig eilen sie durch die frostige Luft ins Haus. Minus 13 Grad zeigt das Thermometer. Eiskalt. Wie die Agenda der Männer. Geladen hat Reinhard Heydrich, Chef des Berliner Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) und in dieser Funktion Organisator des Holocaust. Der damals erst 37-Jährige hatte in seinem Schreiben an die Gäste angekündigt, mit ihnen „Fragen über die Endlösung der Judenfrage“ klären zu wollen – eine Besprechung mit anschließendem Frühstück.
Versammelt haben sich etwa die Staatssekretäre Josef Bühler, Roland Freisler, Alfred Meyer, Erich Neumann, Wilhelm Stuckart, von der SS Adolf Eichmann, Otto Hofmann und Heinrich Müller sowie weitere hohe Beamte und Funktionäre aus Ministerien und NS-Organisationen. Sie alle sind jung (die Hälfte unter 40 Jahren), gebildet (jeder Zweite hat einen Doktortitel) – und vor allem sehr ehrgeizig. Etwa 90 Minuten dauert das Treffen der Hitler-Anhänger – fast genauso lange wie nun der neue ZDF-Film von Oliver Berben unter der Regie von Matti Geschonneck. So entsteht eine deutliche Vorstellung davon, wie alles abgelaufen sein könnte.
Schauspieler Philipp Hochmair, der Konferenzleiter Reinhard Heydrich spielt, berichtet: „Es war eine Herausforderung, sich so einem abgrundtief bösen Menschen zu nähern. Es gab sehr viel wirklich schockierenden Text zu lernen.“ Die Sprache des Treffens ist technisch, bürokratisch, eiskalt. Kaum zu ertragen, wie emotionslos die Planung der Massentötung abläuft. Juden sollen in „Durchgangsgettos“ verschleppt werden, um von dort weiter nach Osten transportiert zu werden. „In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird“, heißt es im Protokoll, das SS-Mann Adolf Eichmann erstellt.
Bisher gab es zwei Filmproduktionen über die Wannseekonferenz: 1984 eine deutsche und 2001 eine englische. Oliver Berben und Matti Geschonneck ist es mit ihrem Film gelungen, ein neues, aufschlussreiches Bild von diesem Ereignis zu zeichnen. Sie konnten zurückgreifen auf neue Erkenntnisse von Historikern, die seit 2001 Zugang zu weiteren russischen Archiven erhalten haben. Experten sind sich einig, dass auf der Wannseekonferenz nicht die Auslöschung der europäischen Juden beschlossen wurde – der Holocaust war längst im Gang. Erstellt wurde ein Konzept für den systematischen Massenmord an allen Juden Europas, Aufgaben dafür wurden verteilt. Heydrich gelang es, alle Teilnehmer auf diesen Plan einzustimmen. Es herrschte erschreckendes Einvernehmen.
„Die große Herausforderung war, dass sich das ganze Grauen nur über die Worte abspielt“, erklärt Johannes Allmayer, der im Film den Protokollführer Adolf Eichmann spielt. Zu dessen Aufgaben gehört es, Heydrich während der Sitzung Zahlen zu liefern. „Es gibt keine Szene, in der die Misshandlung an den Juden gezeigt wird, wie etwa in ,Schindlers Liste‘. Eichmann abstrahiert alles und handelt es nüchtern ab. Er erklärt den Plan wie eine Gebrauchsanweisung, ohne jegliche Emotionen.“ Nur einmal zeigt Eichmann für einen Moment Gefühle – auf eine absurde Art: Kurz nach der Besprechung treffen sich einige Männer in einem Nebenraum. Dort plädiert er für den Bau von Gaskammern, da man den eigenen Soldaten nicht den Anblick der vielen Toten zumuten wolle.
Die Rollen waren für alle Schauspieler eine äußerst fordernde Aufgabe. „Während der Dreharbeiten habe ich abends, nach dem Dreh, oft jüdische Musik gehört, um mich so von diesen schrecklichen Sätzen klar zu distanzieren“, berichtet Philipp Hochmair. Als die Arbeit am Set beendet war, unternahm er eine längere Reise, um Heydrichs Worte aus seinem Kopf zu verbannen. Hochmair war die Bedeutung der Figur immer klar: „Es ist wichtig, einen Charakter wie Heydrich vorzustellen, weil er ein Prototyp für etwas ganz Furchtbares ist: Es zeigt, was passieren kann, wenn man aufhört, empathisch zu sein.“
DIE WANNSEEKONFERENZ (TV-FILM): Mitglieder des Hitler-Regimes organisieren im Januar 1942 den Mord an Millionen Juden MO 24.1. 20.15 Uhr ZDF
DIE WANNSEEKONFERENZ (DOKU): Im Anschluss an den Film kommen Zeitzeugen und Historiker zu Wort MO 24.1. 22.00 Uhr ZDF
FOLTERKELLER IM WOHNQUARTIER (DOKU): Die frühen KZs: Wie Gegner der Nazis in den Jahren 1933 bis 1936 gefoltert wurden MO 24.1. 23.35 Uhr
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ÜBERLEBEN IM HOLOCAUST (DOKU) Geheimen Verstecken auf der Spur. Etwa einer alten Eiche, in der zwei Brüder überlebten DO 27.1. 19.40 Uhr Arte