Wie US-Soldaten Deutschland in der Nachkriegszeit veränderten

„Ein Hauch von Amerika“: TV-Event im Ersten erinnert an Ku'damm-Reihe

01.12.2021 um 16:52 Uhr

Die ARD-Miniserie „Ein Hauch von Amerika“ zeigt, wie US-Soldaten in den 50ern das Leben in der deutschen Provinz auf den Kopf stellten und für eine Zeit des Umbruchs sorgten. Die ARD-Serie erinnert an das Erfolgsrezept der erfolgreiche „Ku'damm“-Reihe im ZDF: Viel Romantik, gepaart mit gesellschaftlicher Dramatik im Nachkriegsdeutschland und ein hochkarätiger Cast: Jonas Nay, Elisa Schlott, Julia Koschitz oder Dietmar Bär sind dabei.

Ein Artikel von TV DIGITAL Redakteurin Melanie Koch

Rheinland-Pfalz am Anfang der 1950er-Jahre: Das US-Militär stationiert Tausende Soldaten (GIs) in einer Provinzstadt – und bringt damit das Leben der Einheimischen gehörig durcheinander. Während sich ältere Bewohner schwertun, Denkweisen und Gesellschaftsstrukturen abzulegen, die sie in der Nazidiktatur verinnerlichten, zelebrieren die Jüngeren ihre neu gewonnene Freiheit. Doch schnell müssen auch sie erkennen, dass sich die dunklen Schatten der Vergangenheit eben nicht so leicht abschütteln lassen. Schatten der Vergangenheit Die emotionale historische Miniserie „Ein Hauch von Amerika“ zeigt in sechs Folgen, wie tradierte Vorstellungen in Politik, Kirche und Gesellschaft das Leben der Menschen in der Nachkriegszeit prägen.

Im Zentrum der Geschichte steht die Freundschaft zweier sehr unterschiedlicher junger Frauen: Erika (Franziska Brandmeier, „Parfum“) und Marie (Elisa Schlott, „Unsere wunderbaren Jahre“). Während Erstere sich ins Nachtleben stürzt und dafür von ihrer Familie geächtet wird, verliebt sich Bauerntochter Marie in einen schwarzen Amerikaner. Ein Skandal, denn viele Deutsche begegnen den Besatzern und den neuen demokratischen Freiheiten, die sie mitbringen, skeptisch. Besonders die Älteren betrachten mit Sorge, wie sich die Jugend für die Amerikaner begeistert. „Das Thema Rassismus macht die Serie aktueller denn je“, erklärt Hauptdarstellerin Elisa Schlott im Gespräch mit TV DIGITAL. „Wir erzählen zwar den Beginn der deutsch-amerikanischen Freundschaft, zeigen aber auch, wie verhärtet die Fronten zwischen den Besatzern und einigen Einheimischen anfangs waren. Viele hatten Angst vor den bevorstehenden Veränderungen.“

Hungerwinter, Armut, Fremdenfeindlichkeit: Um ein Verständnis davon zu bekommen, was die Menschen damals bewegte, tauchten die Darsteller vor Drehstart tief in die frühen Nachkriegsjahre ein. Jonas Nay etwa, der Maries aus Kriegsgefangenschaft zurückkehrenden Verlobten Siegfried spielt, führte viele Gespräche: „Ich habe mich mit meinen Großeltern zusammengesetzt, die in der Nachkriegszeit Jugendliche waren“, sagt der 31-Jährige im Interview. „Erzählungen aus erster Hand sind sehr bereichernd.“

Von der Enteignung bis zur Entnazifizierung

Alle Figuren in der Serie gehen auf ihre Weise mit den einschneidenden Veränderungen in der Heimat um. Maries Verlobter Siegfried tut sich ganz besonders schwer, die neue Situation zu akzeptieren: Die Zeit als Soldat an der Ostfront und sechs Jahre in russischer Gefangenschaft haben Spuren hinterlassen. „Er kehrt emotional komplett von sich entkoppelt zu rück, ist schwer traumatisiert“, erzählt Darsteller Jonas Nay. „Der Gedanke an seine Verlobte, die Familie und das sichere Zuhause hat ihm im Krieg Halt gegeben – nun kommt er wieder und wird konfrontiert mit einem total veränderten Ort, mit Menschen, die sich entsprechend weiterentwickelt haben. Keine einfache Situation.“

Zu den stark aufspielenden Jungdarstellern um Elisa Schlott (27) und Franziska Brandmeier (28) gesellt sich ein namhaftes Ensemble. So haben neben Anna Schudt und Dietmar Bär, die Erikas und Siegfrieds Eltern verkörpern, auch Julia Koschitz und Samuel Finzi Rollen in der Serie übernommen. „Es hat Spaß gemacht zuzusehen, wie wunderbar die Darsteller harmonieren“, sagt Regisseur Dror Zahavi. „Es war ein großes Glück, dass alle für das Projekt Zeit hatten.“ Von Februar bis Oktober stand das Team vergangenes Jahr in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg vor der Kamera.

Eine Drehunterbrechung durch die beginnende Pandemie hatte zur Folge, dass Winterszenen im Hochsommer gedreht werden mussten. „Wir standen bei 40 Grad im Kunstschnee und haben in den dicken Klamotten geschwitzt“, erzählt Elisa Schlott. „Die Herausforderung war es, den Schweiß unsichtbar zu machen.“ Auch Regisseur Dror Zahavi erinnert sich noch gut an diese absurde Situation: „Der Schnee sollte eine riesige Fläche bedecken“, berichtet er. „Wir mussten Teile davon in der Nachbearbeitung einfügen.“ Nicht nur das hat geklappt. Neben gelungenen Bildern bietet die ganze Serie eine bewegende Geschichte und große Gefühle.

"Ein Hauch von Amerika": Ab Mittwoch, 1. Dezember, 20.15 Uhr im Ersten und in der Mediathek

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