Einer härter als der andere!...
Einer härter als der andere!
Im TV kann so einiges schief gehen, vor allem dann, wenn Sendungen oder...
Wie das Magazin „Stern“ auf einen cleveren Fälscher hereinfiel: Die VOX-Miniserie „Faking Hitler“ zeigt die wahre Geschichte hinter den falschen „Führer“-Tagebüchern, die bis heute als größter Medienskandal Deutschlands gilt.
Ein Artikel von TV Digital Reporterin Ulrike Schröder
Eine Meldung schlägt am 6. Mai 1983 ein wie eine Bombe: „Das Bundeskriminalamt hält die Hitler-Tagebücher für eine plumpe Fälschung.“ Der „Stern“, der sie abgedruckt hat, ist blamiert, die Öffentlichkeit entsetzt, selbst Hochstapler Konrad Kujau entrüstet – wenn auch eher über das Adjektiv „plump“: „Sag mal, die spinnen doch. Sollen die mal so ’ne Menge Bände in so kurzer Zeit fälschen!“ Zur Erinnerung: 1983 veröffentlicht die Hamburger Illustrierte „Stern“ unter großem Getöse die geheimen Aufzeichnungen des Führers – obwohl es von Anfang an Zweifel an deren Echtheit gibt.
Treibende Kraft hinter dem vermeintlichen Coup ist Gerd Heidemann. Nach 25 Dienstjahren beim „Stern“ – nur wasserdichte Storys, kene Klagen, keine Gegendarstellung – gilt er als „Deutschlands erfolgreichster Reporter“. Einen echten Knüller konnte er allerdings schon länger nicht mehr landen. Da trifft es sich gut, dass Heidemann durch Zufälle Kontakt zu dem angeblichen Kunsthändler Dr. Konrad Fischer bekommt. Hinter diesem Pseudonym steckt eigentlich Maler Konrad Kujau, der jeden Stil kopieren kann und lukrative Erfahrungen mit Devotionalien aus der Zeit des Nationalsozialismus gemacht hat. Eigene Gemälde verkauft er etwa als Hitler-Originale an geneigte Sammler.
Einem von ihnen bietet Kujau auch ein Tagebuch des Führers an – was Heidemann zu Ohren kommt. Nun beginnt, was später als „journalistischer Amoklauf“ und größter Presseskandal der Nachkriegszeit um die Welt geht, lange bevor der Begriff „Fake News“ geprägt wird. Am Ende hat der „Stern“ für die falschen Tagebücher 9,3 Millionen D-Mark lockergemacht. Dabei sind nicht mal die Initialen AH auf den schwarzen Kladden korrekt: Das A in Frakturschrift ist tatsächlich ein F. Kujau hatte den richtigen Buchstaben gerade nicht zur Hand, machte Heidemann ein F für „ein spätgotisches A“ vor.
Frei erzählt nach Fakten Helmut Dietl bereitete den Medienskandal bereits 1992 in der Kinokomödie „Schtonk!“ auf, mit Götz George als Reporter Willié und Uwe Ochsenknecht als Fälscher Knobel. Kein Vergleich, findet Moritz Bleibtreu, der in „Faking Hitler“ Kujau spielt: „In ,Schtonk!‘ wurden ja nicht mal die richtigen Namen genannt. ,Faking Hitler‘ ist frei erzählt nach einer wahren Geschichte. Und die ist so gut, dass sie immer wieder aufs Neue spannend ist.“ Ausschlaggebend sei für ihn gewesen, „dass es kein Dokudrama ist, sondern man sich traut, den satirischen Aspekt hervorzuheben. Man muss sich bloß die Gespräche zwischen Heidemann und Kujau anhören: Das ist pure Comedy!“
Die Originaltonbänder dieser Telefonate sind in dem Podcast „Faking Hitler“ zu hören. Steilvorlage für eine exquisite Realsatire, die der Komik aber auch bitteren Ernst entgegensetzt: Ein zweiter Handlungsstrang stellt die junge „Stern“-Redakteurin Elisabeth Stöckel in den Mittelpunkt. Die ehrgeizige Nachwuchsjournalistin, meist von den chauvinistischen Platzhirschen abgekanzelt, darf endlich eine brisante Story recherchieren: Das Magazin will einstige Mitglieder der Waffen-SS entlarven, die heute prominent oder in Führungspositionen sind. Schwerer Schock: Auf der Liste steht auch Elisabeths Vater, Juraprofessor Hans Stöckel.
Wie Elisabeths inniges Verhältnis zum Vater von Grund auf erschüttert wird, bewegt. Auch Lars Eidinger weckt als Gernegroß Gerd Heidemann, der immer mehr unter Druck gerät, echtes Mitgefühl. Moritz Bleibtreu ist als kunstfertiger Betrüger „Conny“, der den falschen Ruhm genießt, ein Fest.
„Konrad Kujau war zu Lebzeiten unheimlich charmant. Ich habe den Skandal damals ,live‘ mitbekommen und erinnere mich noch gut“, erzählt der Schauspieler. „Streng genommen hat er ja niemandem was getan. Wenn man sich überlegt, dass heute in aller Welt geschätzte hundert Chagalls und Picassos hängen, die von Konrad stammen könnten – das finde ich sehr amüsant“, resümiert Bleibtreu, der schon Andreas Baader („Der Baader Meinhof Komplex“) und Joseph Goebbels („Jud Süß: Film ohne Gewissen“) verkörpert hat. „Es gibt Figuren, mit denen man sich schwertut, an denen man sich reibt. Sympathie ist keine Voraussetzung. Ich muss meine Figuren respektieren, mögen muss ich sie nicht. Aber es macht immer besonderen Spaß, jemanden zu spielen, den ich wirklich mag. Und Konrad gehört dazu.“
Die TV-Ausstrahlung der sechsteiligen Serie bei VOX erfolgt straff in zwei Blöcken: Drei Folgen sind am 14. September ab 20.15 Uhr zu sehen, eine Woche später dann die letzten drei. Gut so, denn das bitterkomische Drama ist derart mitreißend, dass man immer weiterschauen möchte. Ein echt starkes Stück eben.