Neuer Sechsteiler im Ersten

„Haus aus Glas“: Götz Schubert erklärt die Message der ARD-Serie

09.01.2024 um 18:41 Uhr

Sie trinken schon morgens Champagner, sie schwimmen in Geld, sie leben alle unter einem Dach – in einer Hochglanzvilla, selbstredend mit Pool.

Ein Artikel von TV DIGITAL Chefreporter Mike Powelz

Dank einer florierenden Firma scheint das Leben der Industriellenfamilie Schwarz beneidenswert – auf den ersten Blick. Auf den zweiten wird klar, dass Richard (Götz Schubert), Barbara (Juliane Köhler) und ihre vier erwachsenen Kinder in einem goldenen Käfig gefangen sind, den sie sich selbst gebaut haben.

Als wäre das noch nicht genug, leiden die einzelnen Familienmitglieder auch noch unter psychischen Krankheiten wie Alkoholismus, Tablettensucht oder einer alles überwältigenden Angst vor dem Leben. Dass die sechsteilige Serie „Haus aus Glas“ trotz dieses allzu bekannt wirkenden Konstrukts kein x-ter Abklatsch von „Dallas“ ist, verdankt sie einem klugen Drehbuch. Seine Stärke: Es analysiert scharfsinnig, wie innerhalb eines Familiengeflechts Neurosen erblühen können.

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Erst Party, dann Psycho

Die Geschichte des Mehrteilers: Millionärstochter Emily (Sarah Mahita), die als Kind entführt und tagelang in einer vergrabenen Kiste gefangen gehalten wurde, will heiraten. Schon am Tag nach der Vermählung überschlagen sich die Ereignisse: Bei der Reise in die Flitterwochen verschwindet Emilys frisch angetrauter Gatte Chris (Aram Arami) spurlos aus dem Nachtzug. Familienoberhaupt Richard wittert sofort eine erneute Entführung, seine Ehefrau wird hysterisch.

Auch die Geschwister der Braut reagieren hilflos: Felix (Merlin Rose) beginnt wieder zu trinken, Leo (Morgane Ferru) kommt nur mit Schlaftabletten zur Ruhe. Emily selbst bricht mehrmals zusammen. Einzig die älteste Schwester Eva (Stefanie Reinsperger) scheint die Nerven zu behalten, doch auch sie erwartet Unheil.

Als bei allen alte, kaum verheilte Wunden aufbrechen, stellt sich die Frage: Warum sind alle Familienmitglieder psychisch so labil? Erst der Blick in die eigenen seelischen Abgründe und die Offenbarung eines jahrelang unter Verschluss gehaltenen Geheimnisses bringen den Befreiungsschlag – wenn auch einen schmerzlichen

Schauspielstar Juliane Köhler berichtet: „Bei der Recherche zu meiner Figur habe ich viel über die sogenannte Kriegsenkelgeneration gelernt, etwa über die Kälte, mit der sogenannte Kriegskinder ihre eigenen Kinder erzogen. Man sorgte dafür, dass sie ein Dach über dem Kopf und genug zu essen hatten. Über Gefühle wurde nicht gesprochen, Berührungen waren eher selten. Barbara und Richard haben dieses Modell fortgeführt.“

Auch ihr Kollege Götz Schubert kam beim Dreh ins Nachdenken. „Ich habe meine Erfahrung bestätigt bekommen, dass man zwar aus Fehlern lernen kann, aber absurderweise immer wieder die gleichen macht“, bekennt der TV-Star. „Warum das so ist, bleibt ein Rätsel.“

6 Fragen an Hauptdarsteller Götz Schubert

Warum ist die Serie sehenswert?                              

Die Zuschauer können hinein sehen in ein Haus aus Glas und beobachten, wie die handelnden Personen ihr Leben meistern. Aber das Ganze geht weit über eine Versuchsanordnung hinaus: Emotionen werden frei gelegt und die Seelenlandschaften aller werden sichtbar. Mit Abstand vom Fernsehsessel aus gesehen, könnte man versucht sein, sich rauszuhalten, aber der Film zieht einen in den Bann - auch weil hier ein großartiges Schauspielensemble am Werk ist und plötzlich findet man sich mittendrin wieder, als Teil einer Geschichte, als Teil dieser Familie.                  

Wie tickt Ihre Figur, Richard Schwarz?

Richard wurde nichts geschenkt im Leben, nichts ist Ihm in den Schoß gefallen. Alles, was er sich aufgebaut hat, beruflich und privat, was für ihn nicht voneinander zu trennen ist, hat er selbst erschaffen und erkämpft. Er hat sich dabei nicht geschont. Deswegen tut er alles, um das Erreichte zu erhalten und zu schützen und er tut dies, wie immer im Alleingang.    

Familie Schwarz lebt in einem abgeschlossenen Raum. Und obwohl in diesem Goldenen Käfig alle sechs Familienmitglieder nah aufeinander hocken gibt’s keinerlei Nähe – und nicht mal ein einziges Haustier zum Kuscheln. Warum wohl ist diese Familie so dysfunktional?       

Keiner weiß, wie die Geschichte der Familie ohne die traumatischen Geschehnisse verlaufen wäre. Oder war dieses Ereignis eher eine Art Katalysator für eine sich anbahnende Schieflage? Dem momentanen Zustand, in dem wir die Familie antreffen, gehen komplexe Entwicklungen voraus. Wer kann sagen, welche Entscheidungen zu welchem Zeitpunkt richtig oder falsch waren? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Der Raum wurde im guten Glauben geschaffen, allen eine Sicherheit zu bieten, auf lange Sicht aber gibt es diese nicht im Leben.                                                                                                                                        

Was ist der größte Fehler der Industriellenfamilie?                                                                                                    

Mauern errichtet zu haben, äußere und innere, mit Sicherheitstoren aus dickem Metall, die nur mit einem Code geöffnet werden können. Der Code aber ist mit der Zeit verloren gegangen oder manipuliert worden, was als traurige Konsequenz die Vereinzelung der Beteiligten zur Folge hatte.

Was kennzeichnet Richards und Barbaras Ehe?      

Diese Ehe ist im Laufe der Jahre mehr zu einer Vereinbarung geworden, was aber irgendwie okay ist, da beide Seiten profitieren. Diese Art der Beziehung hat auch etwas Heilsames. Nüchtern betrachtet werden keine Hoffnungen geweckt, Erwartungen müssen nicht erfüllt werden, nichts kann als selbstverständlich hingenommen und Verabredungen müssen täglich neu getroffen werden. Irgendwas aber bleibt dennoch auf der Strecke. Letztlich hält es kein Mensch durch, alles nüchtern zu betrachten.   

Die Message der Serie ist …                                                                                                           

Der Mensch ist im Grunde ein soziales und solidarisches Wesen. Wenn er nicht der Überheblichkeit und Egomanie erliegt, kann Gesellschaft und Zusammenleben sehr beglückend sein, in einer Familie und auf der ganzen Welt.

„Haus aus Glas“ startet heute, 4. Januar 2024, um 20.15 Uhr bei arte. Ab dem 9. Januar 2024 wird sie zur Primetime in Doppelfolgen im Ersten ausgestrahlt.

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