Einer härter als der andere!...
Einer härter als der andere!
Im TV kann so einiges schief gehen, vor allem dann, wenn Sendungen oder...
Deutschland hält den Atem an, als 1992 ein Erpresser mehrere Bomben legt - und die Polizei ihm lange nicht auf die Schliche kommt. Die ganze Geschichte hat RTL in der Serie "Ich bin Dagobert" mit Moritz Führmann verfilmt. Er gab exklusive Einblicke in den Dreh und in seine Teenie-Zeit.
Dank verschiedener Tatort-Episoden hat er schon Erfahrung mit dem Verbrechen, nun ermittelte Moritz Führmann in einem Fall, der Anfang der 90er Jahre ganz Deutschland in Atem hielt. Als 1992 in einer Hamburger Karstadt-Filiale eine Bombe explodiert und wenig später eine Geldforderung folgt, setzt die Polizei alles daran, den Täter zu fassen, der sich selbst "Dagobert" nennt. Eine Jagd beginnt, in der Erpresser Arno Funke (Friedrich Mücke, 43) lange die Nase vorn behält – ganz zum Ärgernis des Kriminaldirektors Johannes Kaidel (Moritz Führmann, 46). Führmann selbst hatte den Fall Dagobert in den Medien verfolgt, lange bevor er als Schauspieler die Rolle bekam. Wir haben ihn dazu gesprochen.
Herr Führmann, Sie waren gerade ein Teenager, als Arno Funke als Kaufhauserpresser Dagobert durch die Medien ging. Woran erinnern Sie sich?
Moritz Führmann: Wir wussten lange gar nicht, wer Dagobert ist, und haben diese Jagd auf ihn mitverfolgt. Damals habe ich Micky Maus gelesen und das Yps Heft, und durch den Namen, den er sich gegeben hatte, war mir das irgendwie nahe, es gab einen Bezug. Ich war immer gespannt, wann man das nächste Mal von ihm hört. Wenn etwas passierte, war es sehr aufregend, die Schilderungen in der Zeitung zu lesen oder im Radio zu hören. Daran konnte ich mich sehr lebhaft erinnern, als das Drehbuch auf dem Tisch lag.
Was hat Sie überrascht?
Bei der Beschäftigung mit dem Fall im Detail fand ich erstaunlich, wie viele Geldübergaben es wirklich gab – oder Geldübergabeversuche. Wir haben explizit nur 5 oder 6 in ihrer Gänze erzählt, aber der Frust über die unzähligen, gescheiterten Versuche, das kommt sehr gut rüber, finde ich. Mir sind von damals eher die Highlights in Erinnerung geblieben, wie die Lore, der Streusandkisten-Fall und die Telefonzellenjagd. Ich meine, das ist ja auch wirklich lange her. Wobei es mich ein bisschen erschreckt hat, dass es schon 30 Jahre sein sollen.
Wie war es, einen Polizisten in diesem Fall zu spielen?
Damals hatten die Menschen ganz verkappte Sympathien mit Dagobert. Meine Rolle des Kriminaldirektors ist aus mehreren Polizisten zusammengefasst, denn es waren damals unglaublich viele Ermittler beteiligt. Diese ganzen Einsätze von der Sonderkommission hat Autor Ronny Schalk sehr geschickt verdichtet. Die Serie zeigt, wie die Polizei in der Öffentlichkeit und von Journalistinnen und Journalisten einfach lächerlich gemacht wurde. Der Druck war unglaublich hoch.
Viele sympathisierten damals mit Dagobert, Sie auch?
Entenhausen war zu der Zeit meine Welt, das hat Dagoberts Taten natürlich immens verharmlost. Es war ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel. Ich kann im Nachhinein nur sehr dankbar sein, dass er anscheinend Skrupel hatte, dass Leute zu Schaden kommen. Darauf hat die Polizei in ihrem Täterprofil wohl auch gesetzt. Also, bis auf leichte Verletzungen ist glücklicherweise niemandem etwas passiert. Und Arno Funke hat seine Zeit im Gefängnis verbüßt und eine richtige Wandlung vollzogen, arbeitet beim Eulenspiegel als Karikaturist und ist resozialisiert.
Sind Sie Arno Funke beim Dreh persönlich begegnet?
Er war als Berater für die Serie tätig und hatte einen Cameo-Auftritt. Ich habe ihn aber erst bei der Premiere im Rahmen des Seriencamps in Köln getroffen.
Und andere Momente, die Ihnen im Gedächtnis geblieben sind?
In der Serie geben sich Kaidel und Arno praktisch einen Showdown. Lustigerweise bin ich Friedrich Mücke, der Arno Funke ganz fantastisch spielt, nur ein einziges Mal am Set begegnet. Wir sind aneinander vorbei gehuscht, haben kurz Hallo gesagt und sind weiter. Und diesen Moment gibt's so ähnlich auch in der Serie, wo Sonja Gerhardts Figur am echten Arno Funke vorbeiläuft, also die Szene mit dessen Cameo-Auftritt.
Zurück zu Ihrer Figur: Kriminaldirektor Johannes Kaidel stürzt sich komplett in die Dagobert-Jagd und vernachlässigt dafür sogar seine Ehe. Wie gut konnten Sie sich mit ihm identifizieren?
Ich habe mich an jedem Drehtag in eineinhalb bis zwei Stunden in Johannes Kaidel verwandelt. Das volle Programm mit Perücke, dank der fantastischen Maskenbildnerin Nadja Homri. Der Look hat mich in diese Welt hineinversetzt, genauso wie die tolle Ausstattung. Ich habe zwei Jahre Jura studiert und den kleinen Strafrechtsschein gemacht. Mit dem Gerechtigkeitsgefühl des Kriminaldirektors konnte ich mich deshalb komplett identifizieren.
Stimmt, Sie tragen volles Haar und einen Schnauzer für die Rolle.
Als ich das erste Mal vor unserem Regisseur Hannu Salonen stand, trug ich schon eine Perücke. Wir wollten ihm den Look zeigen und ihm ist gar nicht aufgefallen, dass ich jetzt mal wieder Haare hatte, weil die Maskenbildnerin das so gut gemacht hat. Wenn ich mich jetzt in der Serie sehe, schaue ich aber nicht nur anders aus, ich bewege mich auch anders.
Also hat der Look Ihnen geholfen, die Rolle anzunehmen?
Ja. Und am Set hat man wirklich eine andere Zeit betreten. Mit alten Aufnahmegeräten, Akten mit Notizen zum Fall Dagobert und richtigen Geländekarten, wo ich in Berlin-Gropiusstadt mit einem kleinen Pins Telefonzellen markieren konnte. Oder diese alten 5er BMWs, in denen die Berliner Polizei Dagobert jagt und besonders die historischen Züge und S-Bahnen, die sie da aufgefahren haben. Einfach genial!
Sie haben die Serie also bereits gesehen – mit wem?
Ich habe die Folgen mit meinen Kindern geschaut und bin ein großer Fan von der Musik von Michael Klaukien. Einer meiner Söhne singt seitdem nur noch Nina Simone und mein größerer Sohn, der ist 13, fragte nach der sechsten Folge: „Papa, wann kommt Staffel zwei?“ Es war einfach ein toller Dreh!
Inwiefern?
Die Szene mit der Streusandkiste war über 20 Seiten verteilt und ich konnte mir nicht vorstellen, wie wir das drehen sollen. Hannu Salonen hat dann beschlossen, diese 20 Seiten am Stück zu spielen, mit Improvisationen. Im riesigen Rundraum des Präsidiums hat er Musikboxen aufgestellt, ganz viele Walkie Talkies verteilt und dann ging’s los: Hannu legte dröhnenden finnischen Heavy Metal auf und wir haben die Szenen gespielt. Dabei haben wir uns kaum verstanden, der Druck war enorm und das für eine halbe Stunde. Der Kameramann kam immer wieder mit einer Handkamera durch den Raum gerauscht und ich frag mich bis heute, wie hat er diese Szene so toll, genau und detailreich gefilmt? Es war fast wie Theater im Film!
Ab 2. Oktober zeigt RTL+ die sechsteilige Serie „Ich bin Dagobert“ mit Moritz Führmann. Im Free-TV ist sie am 7. Oktober mit allen Folgen hintereinander bei RTL NITRO zu sehen. Gerade ist Führmann auch in der ARD-Mediathek im Mystery-Krimi „Wäldern“ zu erleben und im November spielt er eine Hauptrolle im Tatort „Lass sie gehen“ aus Stuttgart.