Neuer Tatort aus Kiel: „Borowski und der gute Mensch“

Kieler „Tatort“: Lars Eidinger erklärt, wie ein psychopathischer Serienkiller tickt

03.10.2021 um 11:20 Uhr

Lars Eidinger spricht im Interview mit TV Digital über seinen dritten Auftritt als unheimlichster Serientäter der „Tatort“-Geschichte in "Borowski und der gute Mensch“.

Er dringt in Wohnungen alleinstehender Frauen ein, benutzt heimlich deren Zahnbürsten – und ermordet sie: Kai Korthals ist ein gefährlicher Psychopath. Jetzt macht er Kommissar Borowski (Axel Milberg) in Kiel (So, 3. Oktober) zum dritten Mal zu schaffen. Und in der Rolle brilliert erneut Lars Eidinger, Filmstar („Babylon Berlin“) und Bühnenberserker („Hamlet“).

Ein Interview von TV DIGITAL Chefreporter Mike Powelz

TV DIGITAL: Herr Eidinger, was ist der Reiz dieser Furcht einflößenden Figur?

LARS EIDINGER: Reizvoll an der Darstellung psychotischer Figuren ist generell deren Bereitschaft, über Grenzen zu gehen. Wir alle tragen die Sehnsucht in uns, leben sie aber aufgrund von Regeln und Konventionen nicht aus. Für eine funktionierende Gesellschaft ist das eine Voraussetzung, aber die Lust, uns in der Fiktion darüber hinwegzusetzen, teilen wir alle. Mit Kai Korthals können wir dem nachgehen.

Korthals leckt an Gegenständen seiner späteren Opfer. Warum?

Bei oraler Fixierung geht es um Autonomie, Trotz, Selbstverwirklichung. Korthals fühlt sich zurückgesetzt, ungeliebt, das kompensiert er durch übergriffiges Verhalten. Er schafft damit eine Intimität, die ihm sonst verwehrt bleibt. Es ist wie ein Fetisch für ihn. Wie jemand, der einem Fremden einen Schuh abkauft, um daran zu lecken.

Für Sie nachvollziehbar?

Ich habe mal in einem Hotelzimmer mit einer Zwischentür gewohnt und aus Neugier ausprobiert, ob sie offen ist. Sie war es, woraufhin ich kurz in ein fremdes, belegtes Zimmer gegangen bin, wo mehrere benutzte Sachen herumlagen. Die Vorstellung, etwas zu berühren, fand ich sehr reizvoll, habe es aber nicht gewagt. Doch der Thrill war eindeutig spürbar.

Was denken Sie über Frauen, die sich in inhaftierte Mörder verlieben?

Ich glaube, hinter einem solchen Verhalten steckt so etwas wie Fantum. Wenn man Justin Bieber Liebesbriefe schreibt, kann man sicher sein, dass er nie vor der Tür steht. Dasselbe gilt für inhaftierte Gewaltverbrecher. Im Unerfüllten liegt der eigentliche Reiz.

Wie viel Spaß hat es gemacht, sich für die Rolle als Frau zu verkleiden?

Natürlich ist so etwas sehr lustvoll. Auch weil es ja mit dem Schrecken spielt, dass er sich mit dem abgetrennten Skalp seines Opfers tarnt. Als Schauspieler genieße ich es natürlich, Zuschauer mit den Abgründen der menschlichen Seele zu konfrontieren.

Niemand spielt extreme Charaktere so gut wie Sie. War das schon immer so?

Interessanterweise wurde mir auf der Schauspielschule attestiert, dass ich nie böse Charaktere spielen werde, weil ich eine zu liebenswürdige Ausstrahlung hätte. Das hat mich extrem gewurmt, weil böse Charaktere die Figuren sind, die mich schon damals am meisten gereizt haben.

Hätten Sie Lust, selbst ein „Tatort“- Ermittler zu werden?

Ich möchte weiterhin frei in meiner Rollenwahl sein – kein Kommissar, der auch den „Hamlet“ spielt. Lieber „Hamlet“, der auch Kai Korthals spielt.

"Tatort:  Borowski und der gute Mensch“: Sonntag, 3. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten

 

Tags:
Du willst mehr Entertainment-News?
FOLGE UNS AUF GOOGLE NEWS