Einer härter als der andere!...
Einer härter als der andere!
Im TV kann so einiges schief gehen, vor allem dann, wenn Sendungen oder...
Sarah Thonig spielt seit einem Jahrzehnt die herzlich-freche Empfangsdame Christin Lange bei den "Rosenheim-Cops" - und sie beweist damit: auch kleine Rollen können manchmal ganz groß rauskommen. Die Fans haben sie jedenfalls ins Herz geschlossen. Die Schauspielerin sieht ihr Dauer-Rolle als Geschenk, wie sie im Interview zum Start der 24. Staffel erklärt.
Ein Jahrzehnt lang eine feste Serienrolle - das ist richtig viel für eine Schauspielerin, die gerade mal Anfang 30 ist. Sarah Thonig, 1992 in München geboren, hätte es wohl selbst nicht geglaubt, wenn man ihr vor zehn Jahren prognostiziert hätte, auch im Jahr 2024 noch zum Ensemble des ZDF-Vorabend-Dauerbrenners "Die Rosenheim-Cops" zu gehören.
Die Wohlfühlkrimis, die schon seit 2002 mit nahezu ungebrochenem Erfolg auf Sendung sind und nun (am Dienstag, 1. Oktober, 19.25 Uhr) mit der sage und schreibe 555. Folge in die 24. Staffel starten, leben seit jeher gut von einem eingespielten Ensemble - und den liebevoll aufgebauten kleineren Rollen mit großer Wirkung. Sarah Thonig und Ursula Maria Burkhart als die wie aus dem Leben gegriffenen Damen vom Empfang sind kaum mehr aus dem fiktiven Rosenheimer Kommissariat wegzudenken. Aber wie lange will Sarah Thonig eigentlich noch die stets freundliche, aber manchmal auch bis zur Schmerzgrenze unbekümmerte "Frau Lange" spielen? - Im Interview gibt sie auch darauf die Antwort.
Sie waren Anfang September in Venedig bei den Filmfestspielen. Wie kann man sich das vorstellen: überall Glamour, Promis, High Fashion - und Sie mittendrin?
Sarah Thonig: Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommt. Aber ich liebe Filme. Ich liebe auch das Münchner Filmfest so sehr. Toll, wenn man sich die Zeit nehmen kann, wofür Filmfeste ja eigentlich gedacht sind, um Filme anzugucken oder neue Sachen zu entdecken, die man sonst vielleicht nicht im Kino sehen würde. Und ich war noch nie bei den Filmfestspielen in Venedig, also habe ich mich akkreditieren lassen. Und so habe ich dort eine Woche lang Filme geguckt. Ich hatte auch hohe Schuhe dabei, weil ich nicht sicher war, auf wie viel Glamour ich mich dort gefasst machen muss.
Und? Hat es sich gelohnt?
Thonig: Nein. Die habe ich nicht einmal angezogen! Es stecken immer noch meine Socken drin, die man so reinwuselt, damit man im Koffer schlauer packt.
Ist so ein Event für Sie als Schauspielerin dann mehr wie Arbeit oder wie Urlaub?
Thonig: Ich sage schon immer zu Freunden, dass der Beruf Schauspieler in der Hinsicht wahnsinnig fluide ist. Da gibt es keine feste Grenze zwischen dem, was beruflich und was privat ist. Deswegen ist für mich da immer beides so in einem Topf; ich würde diesen Beruf auch machen, wenn ich kein Geld dafür bekommen würde. Daher sind die Filmfestspiele für mich ein bisschen was von beidem gewesen. Natürlich war ich dort aus einem beruflichen Impetus, weil man ja interessiert ist an Filmen, und ich finde auch, wenn man in Filmen und Serien mitspielen will, dann hilft es, sich andere anzugucken. Aber trotzdem ist das auch Urlaub.
Venedig ist vorbei, der Sommer aber auch ... Jetzt kommt die Zeit für Film- und Serienfans. Worauf freuen Sie sich besonders?
Thonig: (lacht) Ja, gut, darauf, dass das Wetter jetzt wieder schlechter wird, weil ich mir immer noch die neueste "Doctor-Who"-Staffel aufgehoben habe. Die muss man einfach bei schlechtem Wetter gucken. Und am Stück. Also ja, ich bin so was von Fan, von allem, was mit Film zu tun hat. Und ich glaube, das war ich schon immer. Ich habe auch ein Laserschwert in der Küche hängen!
Dann sind Sie im perfekten Berufsfeld gelandet.
Thonig: Ja, absolut! Man hat dann auch noch mal einen anderen Zugang zu Filmen und Serien. Und ich mag diese ganze Welt einfach wahnsinnig gerne. Ich muss mich manchmal bisschen kneifen, dass ich das durchgezogen. Und jetzt freue ich mich jedesmal, wenn ich meine Steuererklärung abgebe, und da steht ganz offiziell "Schauspielerin".
Da Sie selbst so ein großer Serienfan sind, freuen Sie sich bestimmt über die Begegnung mit den Fans der "Rosenheim-Cops", oder?
Thonig: Natürlich. Lustigerweise habe ich die letzten Monate das Gefühl gehabt, dass es mehr ist als früher. Ich habe schon überlegt, ob es daran liegt, dass ich früher privat ganz anders aussah, als vor der Kamera. Das ist es aber glaube ich nicht, weil ich beispielsweise auch letztens im Zug angesprochen wurde - und das in Jogginghose, mit Brille und Mütze, also so ganz weit weg von Frau Lange. Die Dame hat gesagt, sie hätte mich am Lächeln erkannt. Das war richtig süß. Ich freue mich generell immer, wenn man angesprochen wird, aber ich kann nicht immer damit umgehen, ich bin jedes Mal total verlegen und werde rot. Gerade Ursula (die Schauspielerin Ursula Maria Burkhart ist in der Serie als Marianne Grassegger zu sehen, d. Red.) und ich, wir haben bei den "Rosenheim-Cops" klein angefangen. Da merkt man schon auch, dass die Figuren nach zehn Jahren doch sehr bei den Leuten angekommen sind.
Demnächst steht die 555. Folge an, und Sie haben Ihr persönliches, zehn Jahre-Jubiläum bei der Serie. Erinnern Sie sich noch an die ersten paar Tage am Set?
Thonig: Ja, und irgendwie absurd, wie solche Momente hängen bleiben, obwohl man damals ja gar nicht wusste, was für ein Startschuss das ist. Es sagt einem ja niemand, das ist jetzt übrigens für die nächsten zehn Jahre, und du wirst dich mit diesen Menschen total weiterentwickeln, und das wird ein total fester, wichtiger Bestandteil deines Lebens. Ich kam ja nicht zu einer Serie, die man neu aufstellt, sondern ich durfte Teil von etwas werden, das schon damals lange bestanden hat. Vielleicht ist es deswegen so eindrücklich gewesen. Es ist ja auch absurd, wie sehr man sich selber weiterentwickelt von seinem zehn Jahre jüngeren Ich.
Gibt es persönliche Highlights aus zehn Jahren mit den "Rosenheim-Cops"?
Thonig: Ganz ehrlich: Ich fand immer, die Fan-Tage waren etwas Besonderes. Die waren so wie Weihnachten, einmal im Jahr. Und man kann daran immer etwas seine eigene Entwicklung beobachten. Aber ich glaube, das größte Highlight ist, wie sehr man mit den Menschen am Set zusammenwächst. Man macht ja auch logischerweise privat Höhen und Tiefen durch. Und immer zu wissen, dass so eine ganze Produktion hinter dir steht, aber auch die einzelnen Menschen, ist das größte Geschenk. Auch dass mich mit meiner direkten Spielkollegin, mit der ich immer zusammenspiele, also mit Ursula, auch so eine Freundschaft verbindet. Das ist das Highlight, die Freundschaft am Set und außerhalb, das ist ganz, ganz besonders. Ich glaube, deswegen funktioniert es auch so gut.
Gibt es auf der anderen Seite Dinge in den letzten zehn Jahren, Sie heute bereuen?
Thonig: Ich bereue es ein bisschen, dass die eigenen Mode-Frisuren-Sünden der Jugend jeden Dienstag, um 16 Uhr, in der Wiederholung laufen. Immer noch. (lacht) Im Ernst, das ist jetzt zwar ein kitschiger Kalenderspruch, aber man bereut immer nur die Sachen, die man nicht gemacht hat im Leben. Und bei den "Rosenheim-Cops" kann man wahnsinnig viel machen. Deswegen gibt es da wirklich nicht viel ... abgesehen von den gelben Plastiklocken.
Neben der Schauspielerei haben Sie eine Ausbildung als Drehbuchautorin, und Sie haben Kommunikationswissenschaften und Medienforschung studiert. Mangelnden Fleiß darf Ihnen keiner vorwerfen!
Thonig: Richtig, das classy Ding an der LMU. KW, Medien und Soziologie im Nebenfach. Das habe ich irgendwie noch durchgezogen. Dass ich dieses Pensum im Studium gewuppt habe, während ich eigentlich Vollzeit gearbeitet habe, fasziniert mich selbst am meisten (lacht). Die Drehbuchschule war mehr für mich, das wollte ich unbedingt lernen.
Lief das Studium parallel zu den "Rosenheim-Cops"?
Thonig: (nickt) Das ist ja auch ein Geschenk, das einem so eine durchgehende Rolle macht: dass dir das die Möglichkeit gibt, andere Dinge im Leben parallel auszuprobieren. Auf das abgeschlossene Studium bin ich beispielsweise wirklich stolz. Damit sind wir wieder beim Kalenderspruch. Das hätte ich total bereut, wenn ich es nicht gemacht hätte.
Wo liegt Ihre Zukunft? Planen Sie, irgendwann mehr in die Richtung Medienwissenschaft, Kommunikationswissenschaft zu gehen, oder bleibt es jetzt für immer beim Schauspielen?
Thonig: Ich glaube, es läuft auf eine ganz wilde, aber eigentlich total schlüssige Mischung aus beidem hinaus. Auf der einen Seite würde ich sagen, rein pragmatisch, so wie rein emotional, geht jeder Drehtag immer vor. Das ist das, wofür mein Herz schlägt. Aber man hat als Schauspielerin selten eine "Rund-um-die-Uhr-Festanstellung". Das heißt, ich persönlich bin der Meinung, dass wir uns ein bisschen lösen müssen, in der Branche, wie auch eigentlich generell in der Gesellschaft, von so einem Schubladendenken. Ich meine, ich habe das ja auch. Ich bin auch so geprägt, dass ich mir manchmal denke: "Ach krass, du machst drei Sachen parallel, hat man dann da noch einen Fokus?" Aber ich glaube, wenn man das geschickt anstellt, dann funktioniert das auch. Und das ist so mein Ziel, auch mein Weg.
Also dann, was würden Sie sich für die nächsten zehn Jahre wünschen?
Thonig: Vielleicht etwas mehr Akzeptanz für Menschen, die nicht so gut in Schubladen passen (lacht). Ich bin ansonsten super interessiert daran, alles so ein bisschen auf mich zukommenzulassen. Weil ich glaube, es gibt so viele Wege und so viele Möglichkeiten, mit denen man glücklich werden kann. Ich will mich ungern limitieren lassen. In zehn Jahren, was ist denn das dann? 2034! - Vielleicht habe ich dann ja ein Buch rausgebracht. Wer weiß.