Einer härter als der andere!...
Einer härter als der andere!
Im TV kann so einiges schief gehen, vor allem dann, wenn Sendungen oder...
Im MDR-„Riverboat“ stellt TV-Moderatorin Bettina Tietjen heute ihr neues Buch „Früher war ich auch mal jung“ vor und erinnert sich mit Hilfe ihrer geheimen Tagebücher an ihre Jugend und ihre Suche nach dem für sie „richtigen Leben“.
Ein Artikel von TV Digital Redakteurin Bettina Tietjen
Es ist eine ganz besondere Reise, die Bettina Tietjen unternommen hat: eine Reise zu sich selbst. Die Moderatorin hat im Keller ihres Hauses im Hamburger Süden ihre alten Tagebücher entdeckt, in denen sie als Teenager und junge Frau ihre Gefühle und Gedanken festhielt. So ist sie ihrem jüngeren Ich begegnet – was sie in ihrem neuen Buch „Früher war ich auch mal jung“ unterhaltsam und eindrucksvoll beschreibt. Eine Erfahrung voller Emotionen, die sie verändert hat und aus der jeder etwas mitnehmen kann. Die 62-Jährige, die am 13. Mai Gast in der Talkshow „Riverboat Berlin“ ist, erklärt im Interview, was wir alle von unserem jüngeren Ich lernen können.
Viele Umzüge haben die Tagebücher mitgemacht: von Wuppertal über Münster nach Paris und schließlich nach Hamburg. Bettina Tietjen wusste, dass sie irgendwo in ihrem Haus im Stadtteil Eißendorf liegen mussten. Aber wo? In welchem Karton? Nach tagelanger Suche entdeckte sie die bunt beklebten Hefte in einem alten Schreibtisch im Keller. Mit Herzklopfen begann sie zu lesen. Dabei lachte sie viel – und weinte auch mal. In den Kladden geht es um Teenagerpartys, verliebte Jungs, erste Strandurlaube ohne die Eltern und schmerzhafte Abschiede. „Niemand wird so geboren, wie er heute ist“, sagt Tietjen. „Man sollte nie vergessen, dass man einen Weg hinter sich hat. An diesen sollte man sich immer mal wieder erinnern, mit allem, was da links und rechts passiert ist. Es hilft einem, vieles zu verstehen und daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.“
Bettina Tietjen wuchs mit zwei Schwestern in Wuppertal auf, sehr geborgen, der Vater Architekt, die Mutter Hausfrau. Die Familie traf früh ein Schicksalsschlag: Die jüngste Tochter starb mit zwei Jahren an Leukämie. Damals war Bettina Tietjen erst sieben. „Natürlich war das sehr traurig“, erinnert sie sich. „Lange hing die Trauer über unserer Familie, aber trotzdem ist es meinen Eltern gelungen, uns damit nicht zu sehr zu belasten. Deshalb ist das in meinen Tagebüchern auch kein besonders großes Thema gewesen.“
Vielmehr geht es darum, Träume zu leben, Verrücktes zu wagen, Standpunkte zu finden. „Ich hatte große Angst vor einem Atomkrieg“, erinnert sich Tietjen. „Wenn ich mir das jetzt, nach dem Kriegsbeginn in der Ukraine, durchlese, bekomme ich Gänsehaut. Ich hätte nie gedacht, dass das noch mal so aktuell sein würde und dass meine Kinder mich sogar fragen: Müssen wir auswandern?“
Vieles vergisst man, wenn man es nicht aufgeschrieben hat. „Mir war nicht mehr klar, dass ich sehr oft gezweifelt habe und mir viele Ge[1]danken über alles gemacht habe, manchmal sogar auf eine melancholische Art.“ Als 18-Jährige schrieb Tietjen etwa in ihr Tagebuch: „Ich habe so die Nase voll, alles steht mir bis zum Hals!! Man fragt sich wirklich, was der Sinn dieses Scheißlebens ist. Kein Mensch versteht einen, keiner. Im Grunde ist man ja so allein, selbst inmitten aller anderen. Gerade haben mich meine Eltern wieder zur Verzweiflung gebracht. Ich kann bald nicht mehr. Warum sind sie nur so schrecklich engstirnig und kleinkariert?“
Schwer enttäuscht ist sie, dass ihre Eltern zunächst nicht erlauben wollen, dass sie mit ihren Freunden allein in den Urlaub nach Frankreich fährt. Das Buch inspiriert alle zu einer Begegnung mit der eigenen Vergangenheit: Wie war das bei mir? Was hat mich geprägt? „Für mich war es immer wichtig, ein Leben zu finden, das zu mir passt“, sagt Tietjen. Sie macht in Wuppertal Abitur, wird Au-pair in Paris und studiert schließlich Germanistik, Romanistik und Kunstgeschichte in Münster und Paris.
Sie lernt Männer kennen, hat aber selten das Vertrauen, sich auf sie einzulassen. „Als ich die Tagebücher gelesen habe, bin ich immer wieder zu meinem Mann gelaufen und hab geflüstert: ,Ich bin froh, dich gefunden zu haben. Was für Theater das mit der Liebe bei mir war.“ Der Blick zurück ist für Tietjen auch ein Blick nach vorn. „Weil ich mich noch einmal als Teenager erlebt habe, weiß ich jetzt, was mir abhandengekommen ist: Ich will wieder mehr wagen“, bekennt der TV-Star. „Früher habe ich öfter versucht, Sachen gegen den Strich zu machen.“ Verrückte Reisen, Nachtbaden im Meer, ein spontaner Trip nach Paris. „Was mich immer am meisten beschäftigt hat: das für mich richtige Leben zu führen“, erklärt Tietjen.
„Mir war klar: Der Sinn des Lebens liegt darin, dass man glücklich ist.“
Mit einem Blick zurück ganz nach vorn Immer wieder fragt sich die junge Bettina: Wie schaffe ich das? Was brauche ich dafür? „Und wenn ich das lese, wird mir klar: Solche Gedanken könnte man sich ruhig öfter machen. Ich lebe ja nicht ewig. Und wenn ich mich mit 20 Jahren damit beschäftigt habe, wie ich meine Zeit am sinnvollsten gestalte, dann sollte ich das mit 62 Jahren erst recht tun.“ Was würde die 18-jährige Bettina über die Bettina von heute denken? Tietjen: „Ein bisschen spießig ist sie schon, aber sie hat eine tolle Familie und einen interessanten Job.“ Eine Begegnung mit der eignen Vergangenheit kann jeden stärker machen. Für Bettina Tietjen lautet die wichtigste Erkenntnis: „Man sollte nie vergessen, wer man war, um zu verstehen, wer man ist.