Ein krankhaftes Mediennutzungsverhalten nimmt zu

Ist mein Kind mediensüchtig? Diese 5 Verhaltensweisen sprechen dafür

12.06.2023 um 12:45 Uhr

Stundenlang Videos glotzen, permanent in sozialen Netzwerken chatten oder Computerspiele zocken bis in die Nacht. Laut einer Studie hat sich die krankhafte Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen seit Corona verdoppelt. Wann spricht man von einer Mediensucht?

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die ein pathologisches – also krankhaftes Mediennutzungsverhalten aufweisen, hat sich während der Coronapandemie mehr als verdoppelt, so das Ergebnis einer Studie der Krankenkasse DAK und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Rund 1,6 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland akut gefährdet, mediensüchtig zu werden, über 600.000 sind bereits abhängig. Befragt wurde eine repräsentative Gruppe von zehn- bis 21-Jährigen aus rund 1200 Familien zu ihrem Umgang mit digitalen Medien befragt, von 2019 bis 2022.

Experten sprechen von einem „Suchtstrudel“, in den manche Menschen hineingezogen werden: einer Abwärtsspirale, die schließlich im Kontrollverlust endet. Es beginnt mit viele Likes bei Social Media (Be.Real, Instagram ect.) Erfolg beim Gaming (Zelda, Fortnite o.ä.) oder Zerstreuung durch Kurzvideos (TikTok, YouTube, Instagram & Co)

Unangenehme Gefühle, Sorgen und Probleme rücken dadurch in den Hintergrund. Deswegen verbringen die Kinder und Jugendlichen noch mehr Zeit mit Games und im Internet. Das führt allerdings dazu, dass sie wichtige Aufgaben wie Hausaufgaben noch stärker vernachlässigen. Vor diesen Problemen flüchten sie wiederum in die digitalen Welten. Dort werden durch Algorithmen immer wieder personalisiert neue Inhalte vorgeschlagen und die Jugendlichen haben ständig das Gefühl, etwas zu verpassen. 

Wie lässt sich ein Mediensucht erkennen?

Von einer pathologischen Nutzung spricht man bei folgendem Verhalten:

  • Kontrollverlust in Bezug auf Beginn, Frequenz, Intensität, Dauer, Beendigung oder Kontext der Mediennutzung.
  • Zunehmende Priorisierung gegenüber anderen Lebensinhalten (z.B. Sport) und Alltagsaktivitäten. Das Handy wird beispielsweisen zum permanenten Begleiter beim Essen, im Bad, sogar während einer anderen Mediennutzung, wie beim Fernsehen.
  • Eine Fortsetzung des Verhaltens trotz negativer Konsequenzen. Ermahnungen werden ignoriert, ausgesprochen Strafen nicht eingesehen.
  • Kontakte zu Freunden nehmen ab. Mitspieler oder vernetzte Menschen in sozialen Netzwerke werden wichtiger. Keine realen Verabredungen,  die Kinder sind am liebsten in ihrem Zimmer und wollen nicht gestört werden.
  • Gesteigerte Nervosität, wenn das Handy oder Computerspiel nicht mehr genutzt werden darf. Bei einem Entzug der Endgeräte kommt es zu Streit und Wutanfällen.

Was können Eltern gegen die Mediensucht tun?

Es ist wichtig, möglichs früh altersgerechte Vorgaben und Grenzen zu definieren. Sobald ein Kind sein erstes Smartphone bekommt, sollen Regeln für die Nutzung festgelegt werden. Die Eltern sollten gemeinsam mit den Kindern medienfreie Zeiten definieren. Solche Vorgaben sind auch in Hinblick auf drohende Gefahren für Minderjährige im Netz wichtig, wie beispielsweise Cybermobbing und Cybergrooming, pornografische oder gewaltverherrlichende Inhalte.

Ein wichtiger Schritt aus der Mediensucht: Alternativen für eine analoge Freizeitgestaltung und aktive Stressbewältigung anbieten – und selbst ein gutes Vorbild in Bezug auf die Mediennutzung sein. Wer als Erwachsener selbst ständig zum Smartphone greift, kann dies seinen Kindern kaum vorwerfen. Innerhalb der Familien sollen gemeinsam onlinefreie Zeiten für alle gelten.

Wie lange sollten Kinder Medien nutzen?

Bis zum dritten Lebensjahr empfehlen Psychologen ganz auf den Bildschirm zu verzichten, vor dem sechsten Lebensjahr sollte das Kind keine Spielkonsole besitzen, bis neun kein eigenes Smartphone und bis zwölf nicht unbeaufsichtigt mit Computer und Internet umgehen.

Empfohlene Medienzeit für 13- und 14-Jährige: 1,5 Stunden pro Tag beziehungsweise 10,5 Stunden pro Woche. Empfohlene Medienzeit für 15- und 16-Jährige: zwei bis 2,5 Stunden pro Tag beziehungsweise 14 bis 17,5 Stunden pro Woche.

Hier finden betroffene Kinder und Eltern Hilfe & Beratung

 

Quellen
  • deutschlandfunkkultur.de
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