Das Leben nach der Enführung

„Liebes Kind“: Deutsche Netflix-Thrillerserie ist ein komplexes Puzzle - und lohnt sich!

08.09.2023 um 10:26 Uhr

In der Serienadaption des Bestsellers „Liebes Kind“ von Romy Hausmann entkommt eine Frau samt Kindern ihrem Peiniger – und muss die Vergangenheit aufarbeiten.

Ein Artikel von Melanie Koch für unser Magazin Streaming

Der Alltag folgt genauen Regeln: Mahlzeiten, Schulunterricht, selbst Toilettengänge sind bei Lena und ihren Kindern Hannah und Jonathan auf die Minute getaktet. Die drei leben gefangen in einer abgeschirmten Wohnung mit vergitterten Fenstern, ohne Kontakt zur Außenwelt. Der Vater der Kinder kontrolliert jeden ihrer Schritte. Dann gelingt Lena und Hannah die Flucht. Während viele Entführungsfilme wie etwa das Oscar-prämierte Werk „Raum“ (2015) oder „3096 Tage“ (2013), das die Geschichte der verschleppten Österreicherin Natascha Kampusch erzählt, die Zeit der Gefangenschaft beleuchten, beginnt die deutsche Miniserie „Liebes Kind“ (ab 7.9.) mit dieser Flucht.

Lena wird bei ihrem Ausbruch von einem Auto erfasst und landet bewusstlos im Krankenhaus. Damit ist es Aufgabe der Polizei herauszufinden, wer die unbekannte Frau und ihre Tochter sind – und wo sie herkommen. Rätselhafte Vergangenheit Die sechsteilige Produktion basiert auf dem gleichnamigen Debütroman von Bestsellerautorin Romy Hausmann aus dem Jahr 2019. „Ich habe den Thriller damals vom Verlag zugeschickt bekommen und war sofort von seiner Komplexität fasziniert“, sagt Isabel Kleefeld, die gemeinsam mit Julian Pörksen das Drehbuch schrieb und Regie führte, im Gespräch mit STREAMING.

„Die Story wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, und durch die jeweils sehr subjektive Sichtweise der Figuren setzt sich das spannende Puzzle erst nach und nach zusammen.“ Neben Lena und ihren Kindern stehen mit Karin (Julika Jenkins, „Dark“) und Matthias (Justus von Dohnányi, „Der Nachname“) auch die Eltern der jungen Frau im Vordergrund. Vor dreizehn Jahren verschwand ihre Tochter nach einer Party spurlos – seither suchen sie nach ihr. Von wem wurde sie die ganze Zeit über gefangen gehalten? Stück für Stück werden im Zuge der Ermittlungen die rätselhaften Geschehnisse der Vergangenheit entschlüsselt.

Spezielle Drehbuchfassung von "Liebes Kind" für die jungen Darsteller

Einen zentralen Erzählstrang in der Geschichte bildet das Schicksal der beiden Kinder, die in dem Gefängnis aufgewachsen zu sein scheinen. „Die größte Herausforderung an dieser Serie war es, die jungen Darsteller zu finden und sie beim Dreh entsprechend zu betreuen“, sagt Isabel Kleefeld. Sammy Schrein, der Jonathan spielt, war zum Drehzeitpunkt erst acht Jahre alt, seine Serienschwester Naila Schuberth zehn. „Das Genre Psychothriller ist nicht für dieses Alter geeignet, daher haben wir uns dafür entschieden, zusätzlich spezielle Kinderdrehbücher zu schreiben“, erzählt die Filmemacherin weiter. „Allerdings mit einer abgewandelten, altersgerechten Geschichte, die dennoch für die Kinder in sich geschlossen und logisch war. Wir haben den beiden gegenüber auch klar kommuniziert, dass es eine Drehbuchfassung speziell für ihre Figuren ist und es eine andere für die Rollen der Erwachsenen gibt.“

Maximal fünf Stunden verbrachten die Jungstars bei ihren Einsätzen am Drehort, drei davon standen sie vor der Kamera. Während dieser Zeit begleiteten sie die Abläufe, konnten das Einrichten des Studios und die Maskenproben verfolgen. „Der Set wurde dadurch mehr und mehr eine Art Spielplatz für sie“, sagt Isabel Kleefeld. „Zudem war neben der Kinder-Schauspielcoachin immer eine medienpädagogische Fachkraft sowie ein Elternteil vor Ort.“

Über 75 Tage hinweg stand das Team vergangenes Jahr unter anderem in Köln, Bonn und Wuppertal vor der Kamera. „Wir haben in zwei Blöcken gedreht“, berichtet Kleefeld. „Ich habe beim ersten Regie geführt, mein Kollege Julian Pörksen beim zweiten Block – in der Zeit habe ich bereits im Schnitt gesessen.“ Gustavo Santaolalla, der auch die Oscarprämierte Musik für „Brokeback Mountain“ (2005) und die Videospielverfilmung „The Last of Us“ (2023) entwickelt hatte, kümmerte sich mit Juan Luqui um den Sound von „Liebes Kind“. „Ich bin ein großer Fan von Gustavo, hätte aber niemals gedacht, dass wir ihn für eine deutsche Produktion gewinnen können“, sagt Isabel Kleefeld. „Unser Music Supervisor kannte ihn zum Glück persönlich. Er hat ihm die Drehbücher geschickt, und es kam tatsächlich die Zusage – Wahnsinn!“

Fazit: Komplexe, spannende Verfilmung, die zum Miträtseln einladen dürfte

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