Immer noch nichts verstanden?

Rassismus bei Bayern 3: Shitstorm & Reaktion

01.03.2021 um 12:05 Uhr

Dass eine Radiosendung des Bayerischen Rundfunks in den Fokus des internationalen Interesses gerät, ist unwahrscheinlich. Es sei denn, ein Moderator äußert sich in rassistischer Form gegenüber einer südkoreanischen Boyband.

In allen unschönen Details wollen wir die Ereignisse hier nicht nachvollziehen, das haben die Kollegen von "Buzzfeed" schon getan (hier nachlesen). Zusammengefasst ist das passiert:

Kabarettist und langjähriger Radiomoderator Matthias Matuschik hatte sich schon am Mittwoch vergangener Woche in seiner humoristisch-satirisch geprägten Radiosendung "Matuschke – der etwas andere Abend" bei Sender Bayern 3 darüber ereifert, dass die südkoreanische Byband BTS den von ihm geschätzten Song "Fix you" von Coldplay gecovert hat und äußerte seinen Unmut so:

 

Im hier von einem Twitter-User aufgenommenen und verbreiteten Ausschnitt aus der Sendung nannte er die Mitglieder der gefeierten Gruppe "kleine(n) Pisser", sagt der Bandname BTS stehe für "irgendein scheiß Virus“, wogegen es „hoffentlich bald ebenfalls eine Impfung geben“ werde. Die Coverversion bezeichnete er als "Gotteslästerung" und prophezeite BTS "dafür werdet ihr in Nordkorea Urlaub machen für die nächsten 20 Jahre".

Kaum zu glauben, dass ein Moderator bei einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk glaubt, man könne so klar rassistische Aussagen von sich geben, die mit keinem Satireansatz oder persönlichem Musikgeschmack auch nur im Ansatz zu rechtfertigen sind. Ganz besonders schmerzhaft zu hören in Zeiten, in denen antiasiatischer Rassismus so immens zugenommen hat und so viele Menschen darunter leiden täglich müssen.

Die Reaktion auf den Shitstorm

Versteht sich, dass diese Sätze sich wie ein Lauffeuer verbreiteten. Die K-Popband BTS hat nicht nur eine gigantische Fanbase weltweit, sondern auch eine, die sich schon mehrfach organisiert gegen Rechtspopulismus gestellt hat. Viele andere schlossen sich der Entrüstung an. Auf den Twitter-Shitstorm (der Hashtag #Bayern3Racist war in 1,4 Millionen Tweets zu lesen) reagierte der Sender am Freitag mit diesem Statement:

"Es ist Charakter dieser Sendung und auch des Moderators, seine Meinung klar, offen und ungeschminkt zu äußern. In diesem Fall ist er aus dem Versuch heraus, seine Meinung ironisch-überspitzt und mit übertrieben gespielter Aufregung darzustellen, in seiner Wortwahl übers Ziel hinausgeschossen und hat damit die Gefühle der BTS Fans verletzt."

So schade, dass Bayern 3 da nicht verstand, dass die Äußerungen ihres Moderators nicht falsch waren, weil er Fans gekränkt hat. Sondern weil sie offen rassistisch waren und Öl ins Feuer einer ohnehin existierenden anti-asiatischen Feindlichkeit gossen. Auch Moderator Matuschik tat das Ganze zunächst noch als übertriebenen Wirbel fanatischer Fans ab, wie Buzzfeed berichtet, die eine Stellungnahme von ihm einholten.

Auf die Unzufriedenheit der Menschen, die sich auch auf diese erste Erklärung hin in den sozialen Medien äußerte, ergänzten sowohl Sender als auch Moderator ihre Statements. Matuschek äußerte sich vorläufig abschließend so:

"Ich bin sehr bestürzt über die Reaktionen, die meine Äußerungen in meiner Liveshow hervorgerufen haben – und vorneweg: Es tut mir sehr leid und ich möchte mich aufrichtig entschuldigen.

In meiner Moderation habe ich mich in erster Linie über die Tatsache geärgert, dass die Boyband BTS den von mir sehr geschätzten Song „Fix you“ von Coldplay gecovert hat. Die Nationalität der sieben Jungs sollte dabei keine Rolle spielen – sie zu erwähnen und den Zusammenhang mit einem Virus herzustellen, war komplett daneben.

Ich habe mir in den vergangenen Stunden viele Gedanken gemacht und verstehe und akzeptiere, dass ich viele von euch, insbesondere die asiatische Community, durch meine Worte rassistisch beleidigt haben könnte. Das war niemals meine Absicht, aber mir ist bewusst, dass am Ende zählt, wie die Worte bei den Empfängern ankommen – und nicht, wie sie gemeint waren."

(Die kompletten Stellungnahmen von Sender und Moderator können hier nachgelesen werden)

Der Sender erwähnt in seinem Statement, dass Matuschek und seine Familie bedroht würden, was natürlich komplett falsch, nicht zu rechtfertigen und im Zweifelsfall strafbar ist. 

Und nun?

Erfreulich ist in überschaubarem Maße, dass Sender und Moderator letztlich anerkannten, dass die Äußerungen in der Sendung rassistisch waren. Dass Matuschek allerdings immer noch im Konjunktiv argumentiert "ich verstehe und akzeptiere, dass ich viele von euch, insbesondere die asiatische Community, durch meine Worte rassistisch beleidigt haben könnte" macht weniger Mut. Denn er hat rassistisch beleidigt. Punkt. Und das finden nicht nur die Fans schlimm, sondern auch all die Menschen, die unter Rassismus leiden, und zum Glück auch eine endlich schneller wachsende Menge von Menschen, die verstehen, dass Rassismus sich nicht nur in kahlgeschorenen Köpfen und Springerstiefeln zeigt, sondern auch mitten in einer Radiosendung des BR. Eben weil er so tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist, dass es einer großen gemeinsamen Anstrengung bedarf, ihn endlich hinter uns zu lassen.

Du willst mehr Entertainment-News?
FOLGE UNS AUF GOOGLE NEWS