Einer härter als der andere!...
Einer härter als der andere!
Im TV kann so einiges schief gehen, vor allem dann, wenn Sendungen oder...
Rotes Licht und blaues Auge: Ein Zuhälterkrieg auf Hamburgs sündiger Meile wird zur Vorlage einer faszinierend schmuddeligen Retroserie.
Ein Artikel von TV Digital Reporter Dirk Oetjen
Erste Klasse im Jumbojet, schnelle Autos, schöne Frauen, ein Leben auf der Überholspur und der beste Puff der Welt – davon träumt der junge Klaus Barkowsky. Er will auf der Reeperbahn ein Hamburger „Studio 54“ eröffnen, mit Champagner bis zum Abwinken und Stargästen, die hier zügellos feiern. Doch die Edelprostituierte Jutta (Jeanette Hain, „Babylon Berlin“) holt ihn auf den Boden der Tatsachen zurück: Erst mal braucht er Geld. Das ließe sich schnell mit Frauen verdienen, die für ihn anschaffen gehen. Wäre da nur nicht die GMBH, ein ebenso skrupelloses wie brutales Zuhälterkartell, das keine Konkurrenz auf der sündigen Meile duldet.
Die Prime-Serie „Luden“ über die wilde Zeit der Reeperbahn zu Beginn der 80er-Jahre zeigt: Zuhälter zu werden ist gar nicht so einfach. Unterschlupf im Sextheater Der Sechsteiler basiert lose auf dem Leben des realen Klaus Barkowsky, genannt „Lamborghini-Klaus“, der als junger Mann mit der Zuhälterei begann, sodass er und seine Kumpane als Milchbubis verspottet wurden. Daher auch der Name seines Kartells Nutella-Bande, das in direkte Konkurrenz zur GMBH trat.
Gespielt wird er von Aaron Hilmer („Im Westen nichts Neues“), der 23-Jährige ist selbst im benachbarten Stadtteil Altona großgeworden: „Jeder, der hier aufgewachsen ist, erinnert sich an die Momente als Kind, in denen man hinten im Auto über die Reeperbahn gefahren ist und so viel wie möglich sehen wollte, weil man schon mitbekommen hatte, dass es ein sehr spezieller Ort ist.“
Ein Treffen mit dem echten Klaus Barkowsky kam nicht zustande. „Jeder hat seine eigene Wahrheit über den Kiez, je nachdem, mit wem man spricht“, so Hilmer. „Ich habe mir einfach vorgenommen, Vollgas zu geben und in dieser Figur aufzuglühen, so, wie ich sie verstehe. Ich wollte ihn so charmant und anziehend wie möglich zeigen, um trotz aller Härte und Story-Abgründe nachvollziehbar zu machen, warum einige Frauen bei ihm blieben.“
Gedreht wurde auf St. Pauli, etwa im berühmten Boxkeller Ritze. Auch einige der etwa 70 Kleindarsteller in der Serie stammen aus dem Dunstkreis der Reeperbahn. Ein Großteil des 74-tägigen Drehs fand jedoch in München statt. Dort hatte die Produktionsfirma Neuesuper („Hindafing“) die Dauerkulisse „Münchner Straße“ auf dem Bavaria-Filmgelände in die berühmte Amüsiermeile verwandelt, inklusive Pfandleihe, Pferdewurstimbiss und „Eros Center“ – das legendäre Sextheater „Safari“ wurde dort allerdings in „Flamingo“ umgetauft. Hier findet in der Serie Manu (Lena Urzendowsky) Unterschlupf, die aus dem Heim ausgerissen ist, um auf dem Kiez ihre Mutter zu finden.
Andere Serienfiguren sind auch durch sehr gute TV-Dokus aus dem letzten Jahr, wie „Die Paten von St. Pauli“ (in der ZDF-Mediathek) bekannt, etwa der Nadelstreifen tragende Unterweltboss Wilfrid „Frida“ Schulz (Nicki von Tempelhoff). Koks, Aids und ein Bandenkrieg Trotz mancher humorvoller Momente taucht „Luden“ in eine Ära ein, die durch das Aufkommen von Kokain, Aids und tödlichen Bandenkriegen eine besonders elende Phase für den Kiez einläutete. Speziell die drogenabhängige Jutta muss viel Böses am eigenen Leib erfahren.
Für Jeanette Hain war es ein dankbarer Job, sie zu spielen: „Mich strengt so was überhaupt nicht an. Was ich kräftezehrend finde, ist, wenn ich das Gefühl habe, meine Figur ist eingesperrt und kommt nicht zum Leben. Aber wenn sie sich 24 Stunden mit Leib und Seele in den Sturm des Lebens wirft, finde ich das beglückend.“ Als Nächstes widmet sich die Produktionsfirma von „Luden“ übrigens einem deutlich unschuldigeren Thema: der Neuauflage von „Meister Eder und sein Pumuckl“.