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„The Six Triple Eight“ bei Netflix: Oscarreife Story, die kaum jemand kennt

20.12.2024 um 17:22 Uhr

Neues Weltkriegsdrama von Tyler Perry: Ein US-Bataillon schwarzer Frauen soll dafür sorgen, dass Millionen Briefe (und damit Hoffnung) an die Front gelangen.

Ein Artikel von Frank Steinberg für unser Magazin STREAMING

Seinen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame hat Tyler Perry bereits. Jetzt schielt der Schauspieler, Regisseur, Autor, Produzent und Studiobesitzer offensichtlich auf die Oscars. Ein paar Grundvoraussetzungen für eine Nominierung erfüllt der neue Film des in New Orleans geborenen und bestens vernetzten Multitalents jedenfalls spielend. „The Six Triple Eight“ bekommt in den USA vor dem Streamingstart die für eine Oscar-Berücksichtigung zwingend erforderliche Kinoauswertung (ab 6.12.) und hat mit „Scandal“- und „Little Fires Everywhere“-Star Kerry Washington noch dazu eine hoch gehandelte Hauptdarstellerin als Galionsfigur.

Fast schon zu kalkuliert zielt die von Diane Warren (15 Oscar-Nominierungen) komponierte und R&B-Sängerin H.E.R. (OscarGewinnerin 2021 mit „Fight for You“) aufgenommene Ballade „The Journey“ darauf ab, einen Goldjungen für den Besten Originalsong einzuheimsen.

Gegen alle Widerstände

Vor allem aber kann sich das von Tyler Perry produzierte, inszenierte und mitgeschriebene Drama aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs auf eine inspirierende Geschichte nach wahren Begebenheiten verlassen.

Sie basiert auf einem 2019 veröffentlichten Artikel des Autors Kevin M. Hymel, der gemeinsam mit Perry auch das Drehbuch entwickelte. Im Mittelpunkt seiner Originalvorlage steht Lena Derriecott (Ebony Obsidian), eine junge Schwarze aus Philadelphia, die sich schon als Teenager sozial engagierte und gegen die Rassentrennung in den USA eintrat. Nach einem tragischen persönlichen Verlust meldete sie sich 1943 freiwillig zum Militärdienst. Anders als in der Realität absolviert Derriecott in „The Six Triple Eight“ bereits ihre Grundausbildung unter dem Kommando von Major Charity Adams (Kerry Washington), die Regisseur Perry in der Folge zur zweiten zentralen Figur macht.

In einem für schwarze Militärangehörige abgegrenzten Areal der Kaserne nimmt sie Lena und die anderen Rekrutinnen in die Pflicht: „Soldatinnen! Sie müssen perfekt sein“, stellt die ebenfalls schwarze Offizierin in einem Trailer des leider nicht vorab gezeigten Films klar. „Es reicht nicht, dass sie einfach nur gut sind. Sie tragen die Bürde, es besser zu machen.“

Ohne Post keine Moral

Die Lebensweisheit einer schwarzen US-Amerikanerin, die im Women’s Army Corps (WAC) während des Zweiten Weltkrieges gegen alle rassistischen und sexistischen Widerstände zum Oberstleutnant aufstieg, zur damals ranghöchsten US-Offizierin afroamerikanischer Herkunft.

Dass Adams in den USA weit über Militärkreise hinaus bekannt ist, liegt auch an einer außergewöhnlichen Mission, die sie in den letzten Kriegsmonaten als Befehlshaberin des (titelgebenden) 6888th Central Postal Directory Battalion zu bewältigen hatte. Die erste und einzige WAC-Einheit, die ausschließlich aus schwarzen Soldatinnen und Offizierinnen bestand und in Europa operierte, wurde im Februar 1945 ins englische Birmingham entsandt, um dort über die Jahre liegen gebliebene Briefe und Päckchen für die Soldaten an der Front doch noch auf den Weg zu bringen.

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Nicht zugestellte Post, war sich die Armeeführung sicher, schädige die Moral der Truppe: „No mail, less moral!“ Nur: Wie sollten die 855 Frauen des 6888. Bataillons, darunter Corporal Derriecott, in nur sechs Monaten rund 17 Millionen Sendungen sortieren und abwickeln? Zumal es häufig Dopplungen geläufiger Namen gab, allein „Robert Smith“ tauchte als Empfänger 7500 Mal auf.

Einem Vorgesetzten kamen schnell Zweifel, als er bei einer Inspektion nur ein Drittel der Soldatinnen antraf. Er werde einen (weißen) Mann schicken, der ihnen sagen solle, „wie man es richtig macht“. Die Replik von Major Adams fiel deutlich aus: „Nur über meine Leiche, Sir!“ Sie hatte drei Schichten organisiert, damit die Operation 24/7 laufen konnte. Im Schnitt schafften die bislang unbesungenen Heldinnen 65 000 Sendungen pro Schicht – wer sich spoilern will, kann ja mal hochrechnen.

 

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