Einer härter als der andere!...
Einer härter als der andere!
Im TV kann so einiges schief gehen, vor allem dann, wenn Sendungen oder...
Warum ein Kopfstand zu Wigald Bonings frühester Fußball-Erinnerung gehört und was hinter unserer kollektiven Begeisterung fürs runde Leder steckt, verriet uns der sympathische Moderator beim Interview.
Wir sprachen mit Wigald Boning Ende April in der Gaststätte "Vereinsheim" in München. Hier wurde eins der Interviews für seine Fußball-Doku "Deutschland – Deine Fußballseele" gedreht, die am 28. Mai 2018 im Rahmen des zweiwöchigen "History of Football"-Specials im Vorfeld der WM bei Sender History gezeigt wird.
Getroffen hat er bei der Seelensuche quer durch Deutschland u.a. den investigativen Sportjournalisten Ronny Blaschke, der einige der weniger schönen Seiten der Fußballwelt beleuchtet, die 91-jährige Trainer-Legende Rudi Gutendorf, Ex-Nationaltorwart Eike Immel, eine Flüchtlings-Fußballmannschaft in Koblenz und die engagierten Helfer der "Nazis raus"-Kampagne beim SV Babelsberg 03.
Gleich vorab: Die Dokumentation ist gut und spannend geworden, zeigt menschliche Aspekte jenseits von Star-Spielern und Profiliga und stellt fest, dass dem Sport ein bisschen mehr soziales Engagement gut stehen würde. Ein schöner Einstieg in die WM-Zeit.
Aber zurück zum Interview:
Herr Boning, für Ihre Doku haben Sie eine ganze Reihe faszinierender Gesprächspartner getroffen. Gab's ein besonderes Erlebnis für Sie?
Trainer Rudi Gutendorf war aufgrund seines Alters herausragend. Weil es wahrscheinlich niemanden gibt, der eine solche Zeitspanne in der Entwicklung des Sports überblicken kann. Das beginnt 1943 in der deutschen Wehrmacht und endet heute.
Und jetzt ist er bei einem Flüchtlings-Fußballverein in Koblenz an Bord…
Genau, als ehrenamtlicher Trainer. Er ist ein so wacher Gesprächspartner – ich war wirklich froh, ihn treffen zu können.
Sie haben zusammen mit den Flüchtlingen auch eine Runde gekickt?
Ja, da konnte man gleich praktisch anwenden, was den Sport so sympathisch macht. Dass man mit wildfremden Leuten aus aller Herren Länder was unternehmen kann und sich am Ende womöglich sogar in den Armen liegt. Das hat man ja selten.
Erlebt man da das Prinzip Fußball in einer einfacheren, ursprünglicheren Form – so im Gegensatz zur Profiliga?
Ach, das ist eigentlich egal. Als Vater von zwei Jungs habe ich festgestellt, dass die Qualität des Fußballspiels nichts mit der Spannung zu tun hat. Man kann auch Fünfjährigen beim Fußballspielen zuschauen und emotional total mitfiebern. Nicht nur die Champions League ist spannend.
Stimmt. Aber bei so einem kleinen Verein geht's halt (noch) nicht ums große Geld und millionenschwere Transfers…
Die meisten Menschen interessieren sich nun mal für Profifußball, der ein Riesengeschäft ist. Fußball hat sogar so eine große Anziehungskraft, dass diese ganzen Geschäftemachereien, Korruptionsfälle, Wettskandale und Co. einfach hingenommen werden. Das finde ich frappierend. Bei jedem VW-Manager würde man sich aufregen, wenn er ohnehin sehr viel verdient und dann noch eine gigantische Abfindung bekommt. Bei einem Christiano Ronaldo ist das völlig ok. Das zeigt, wie stark der Fußball ist. Und dass er nicht kaputt gemacht werden kann durch solche "Kleinigkeiten".
Wie sieht sie denn nun aus, die deutsche Fußballseele?
Gemeinsamkeit scheint dabei eine große Rolle zu spielen. Dass man ein Erlebnis teilt: Spieler, Fans, Vereinsmitglieder, Fernsehzuschauer. Es wird in dieser fragmentierten, globalisierten Welt ja immer schwieriger, große gemeinsame Themen zu finden – und Fußball ist so eines.
Ihre früheste Fußballerinnerung?
Das war im Sommer 1974. Ich übe gerade Kopfstand, als Siebenjähriger am Strand der Ostsee in Großenbrode, und höre im Hintergrund, wie die Erwachsenen jubeln. Ich nehme das so zur Kenntnis. Nachdem ich fertig geübt habe, gehe ich durch die Schrebergärten zurück und erfahre da, dass Deutschland gerade Fußballweltmeister geworden ist.
Bei der nächsten WM waren Sie vermutlich schon voll dabei?
Ja, da war das Panini-Heft ausgefüllt.
Ihr größter Moment in Sachen Fußball?
Da gibt's mehrere. Das 6:2 von Werder Bremen [Wigald Bonings Lieblingsverein, Anm. d. Red.] gegen Spartak Moskau 1987 war so ein Moment. Dann haben sie einmal mit Andi Herzog 3:1 in München gewonnen – und ich war im Familienblock im Olympiastadion der einzige Werderfan. "Geh Fischkopf, setz di wieda hi" haben die zu mir gesagt. Es hat sie halt alle ganz schön geärgert, dass ich so gejubelt habe.
Ist es auch mal anstrengend, Fußballfan zu sein?
Oh ja. Als Werder-Fan waren die letzten Jahre nicht immer spaßig. Es macht nun mal keine Freude, sich die Mehrzahl der Samstage zu ärgern. Aber das kann man sich halt nicht aussuchen.
"Deutschland – Deine Fußballseele" ist am 28. Mai 2018 um 20.15 Uhr bei History im Rahmen der zweiwöchigen Sonderprogrammierung "History of Football" (bis 10. Juni) zu sehen. Ausgewählte Sendungen werden – wie die Dokumentation mit Wigald Boning – bei Sky Sport News HD vom 3. bis 10. Juni wiederholt, täglich um 17.00 und 23.00 Uhr.